Hiroshima – Nagasaki – Fukushima: Articulations of the Nuclear. The Case of Japan

Vom 19. bis 21. Mai 2022 organisierte die Japanologie der Universität zu Köln die Abschlusskonferenz des Projektes „Die gespaltene Gesellschaft: Diskursive Konstitution Japans zwischen Atombombe (genbaku) und Atomkraftwerk (genpatsu)“. Das Projekt wird seit November 2018 in Kooperation mit der Universität Leipzig durchgeführt und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Während sich die Leipziger Japanologie unter der Leitung von Prof. Dr. Steffi Richter dem Teilprojekt „Alltagskulturell-bildsprachliche Artikulationen des Nuklearen“ widmet, beschäftigt sich das Team der Kölner Japanologie unter der Leitung von Prof. Dr. Stephan Köhn mit dem Teilprojekt „Literarische Artikulationen des Atomaren“.

Bereits im Sommersemester 2021 hatte – aufgrund von Corona-Einschränkungen digital – im Rahmen des Projektes die Vortragsreihe „Japan’s Split Society Between Genbaku and Genpatsu: Media, Propaganda and Science“ stattgefunden. Daher war das Team in Köln nun besonders darüber erfreut, die abschließende Konferenz des Projektes endlich in Präsenz abhalten zu können.

Unter dem Titel „Hiroshima – Nagasaki – Fukushima: Articulations of the Nuclear. The Case of Japan” präsentierten neben dem Kölner Team, bestehend aus Prof. Dr. Stephan Köhn, Katharina Hülsmann sowie Marie-Christine Dreßen, dreizehn weitere Vortragende aus dem In- und Ausland, ihre Forschungsarbeiten im Rahmen des Projektes bzw. in Bezug auf den thematischen Rahmen.

In Anbetracht des erneuten atomaren Wettrüstens und der Debatten um die Nachhaltigkeit von Kernenergie haben die „Artikulationen des Nuklearen“, die in den einzelnen Vorträgen aus den unterschiedlichsten Perspektiven heraus beleuchtet wurden, eine ganz neue Aktualität und Brisanz erlangt. Die Themen bewegten sich von der Erinnerungskultur rund um die Musealisierung der Atombombenabwürfe – sowie der Darstellung letzterer im Medium Manga oder der Atombombenliteratur (genbaku bungaku) – bis hin zu einer Untersuchung des Diskurses rund um Atombomben und Atomkraft in der Tagespresse der direkten Nachkriegszeit mithilfe der Gordon W. Prange Collection. Dabei spielte auch der künstlerische Umgang mit den Atombombenabwürfen eine Rolle, etwa in der darstellenden Kunst, der Literatur oder im Film. Es sollten Leerstellen aufgezeigt, das Unsichtbare sichtbar gemacht werden. Im Hinblick auf die gesellschaftliche und politische Aufarbeitung der Geschehnisse wurde in den Beiträgen kritisch hinterfragt, was überhaupt thematisiert werden konnte und worüber letztlich geschwiegen werden musste. Denn die Zensurpolitik seitens der US-amerikanischen Besatzung in der direkten Nachkriegszeit (1945–49) erschwerte „Artikulationen des Nuklearen“ in nahezu jeder Hinsicht. Nicht zuletzt wurde auch versucht, Zusammenhänge und Parallelen zwischen den beiden Atombombenabwürfen sowie der Nuklearkatastrophe von Fukushima 2011 zu verdeutlichen, beispielsweise im Hinblick auf die mediale Berichterstattung und Erinnerungskultur.

Die Konferenz wurde auch dazu genutzt, zusammen mit den internationalen Gästen eine Exkursion zu einem Ort in Köln zu unternehmen, der die Unmittelbarkeit und Aktualität des Themas vor Augen führt. Gemeinsam wurde die Dokumentationsstätte Kalter Krieg (DOKK) besucht, die sich in der U-Bahn-Haltestelle Kalk Post befindet. Ende der 1970er Jahre gebaut, sollte dieser zivile Schutzraum über 2.000 Kölner BürgerInnen im Ernstfall Schutz bieten, allerdings nicht ohne planerische Mängel. Die vierstöckigen Sitz-Liege-Kombinationen im hinteren Teil des Raumes gaben eine vage Vorahnung, wie es wohl gewesen wäre, hätte es einen solchen Ernstfall gegeben. Zudem wäre eine zweiwöchige Vorbereitungsphase nötig gewesen, in der z.B. Trinkwasser hätte eingelagert werden müssen, um den Schutzraum bezugsfertig zu machen. Im Anschluss an eine Führung durch den Schutzraum fanden zwei der Vorträge direkt dort statt.

Abschließend fanden sich alle Teilnehmenden zu einer Podiumsdiskussion in den Räumen der Universität zu Köln zusammen, um die Inhalte und Perspektiven der drei Konferenztage zu verknüpfen und sich über die zukünftige akademische Auseinandersetzung mit dem Thema des Nuklearen auszutauschen. Geplant ist zudem ein Konferenzband, in dem die Ergebnisse der Tagung festgehalten werden sollen.

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Die Prange-Sammlung Teil 2

Im ersten Beitrag über die Prange-Sammlung wurde ihre Entstehungsgeschichte und der Korpus an Mikrofiches in der 20th Century Media Information Database behandelt. Allerdings stellen diese Mikrofiches bloß einen verhältnismäßig kleinen Teil der Sammlung dar – lediglich Zeitungen und Zeitschriften sind enthalten. Der Großteil, etwa die 71.000 Bücher, ist nach wie vor nur vor Ort einsehbar.

Seit 2005 läuft ein Projekt, um diese Bücher vollständig zu digitalisieren. In der ersten Phase wurden bis 2010 etwa 8.000 Kinderbücher gescannt. Ihre Titel, bibliographischen Angaben und Coverillustrationen können online eingesehen werden, die vollständigen Scans sind allerdings ausschließlich in der Hornbake-Bibliothek in Maryland einsehbar. Im fortschreitenden Digitalisierungsprojekt wird gegenwärtig der Themenbereich Bildung gescannt. Pro Jahr können ungefähr 2.000 Bücher digitalisiert und aufbereitet werden. Wann das Projekt abgeschlossen sein wird, steht deswegen noch nicht fest.

Zensorenkopie eines Wörterbuches mit Beanstandung, Gordon W. Prange Collection, University of Maryland Libraries.
Foto: K. Hülsmann

Aber es sind bereits weitere Teile der Prange-Sammlung digitalisiert. Neben den Printmedien, die den Zensurprozess durchlaufen haben, sind in der Sammlung auch andere Medien enthalten. Auf einige von ihnen kann online zugegriffen werden, wie zum Beispiel auf Poster und kabe shinbun, d. h. informative Aushänge, die der breiten Öffentlichkeit zum Lesen an öffentlichen Plätzen zur Verfügung gestellt wurden. Einsehbar sind diese Plakate und Wand-Zeitungen hier.

Auch kleinere Schenkungen sind in der Sammlung erhalten, wie etwa die Victor E. Delnore Papers, die größtenteils online zugänglich sind. Dabei handelt es sich um Briefe, Fotos und andere Dokumente aus dem Nachlass des Kommandeurs der Alliierten in Nagasaki, Victor E. Delnore.

Delnore war selbst eine interessante Persönlichkeit. Sein Geburtsname war Abdelnour, und er kam als Kind libanesischer Migranten in Jamaika zur Welt. Von dort wanderten seine Eltern in die USA ein, als er zwei Jahre alt war. Die amerikanische Staatsbürgerschaft erhielt er kurz vor seinem achtzehnten Lebensjahr; sich mit verschiedenen Sprachen und Kulturen zu beschäftigen, war für ihn daher ein natürlicher Teil seines Alltags. Genau wie Gordon W. Prange interessierte sich Delnore für russische Geschichte. Prange hatte Deutschland im Rahmen eines Auslandsstudiums an der Humboldt-Universität Berlin in den Jahren 1935/36 kennengelernt, Delnore hielt sich während seines Dienstes für das amerikanische Militär in Deutschland auf – er erwähnt in einem Interview etwa die Erinnerungen an die Befreiung des Konzentrationslagers Dachau. 1946 wurde er dann für die Streitkräfte nach Nagasaki geschickt, wo er bis April 1949 blieb. Die Dokumente der Delnore Papers vermitteln einen lebhaften Eindruck der Besatzungszeit in Nagasaki: von Fotos der Atombombenwolke über private Fotografien von Delnore und seiner Familie bei gesellschaftlichen Anlässen bis hin zu Dankesbriefen der Präfekturverwaltung an ihn, als sich seine Dienstzeit dem Ende zuneigte. Die Victor E. Delnore Papers finden Sie hier.

Die Prange-Sammlung enthält einige dieser privaten Sammlungen amerikanischer Staatsbürger:innen, die zur Besatzungszeit in Japan beschäftigt waren. Ein großer Teil dieser Materialien ist digitalisiert, allerdings nur auf dem Campus der University of Maryland einsehbar. Wenn man jedoch die Prange-Sammlung vor Ort besucht und die betreffenden Dokumente vorbestellt, darf man sogar die Originale anschauen.

Seite eines Fotoalbums im Magazin der Prange-Sammlung, Gordon W. Prange Collection, University of Maryland Libraries.
Foto: K. Hülsmann

Insbesondere private Fotoalben, Postkarten und Einladungskarten vermitteln einen anschaulichen Eindruck davon, wie die Besatzung und ihr Personal zu dieser Zeit lebten. Ein beliebtes Event, das das Kaiserliche Hofamt veranstaltete, war z. B. die Entenjagd auf dem Grundstück des Kaiserpalastes. Zu diesen Jagden wurden üblicherweise Gäste wie Diplomaten und ranghohe Mitglieder der Alliierten eingeladen. Auch Angehörige des Kaiserhofs, wie etwa Prinz Takamatsu, nahmen mitunter an der Entenjagd und am anschließenden Bankett teil.

Der Großteil der privaten Fotos in der Prange-Sammlung sind Schwarz-Weiß-Aufnahmen. Aus diesen Bildern sticht die Sammlung der Mary Koehler Slides eindrücklich hervor, da sie in Farbe sind. Mary Koehler war von 1945–1949 als Sekretärin bei den Alliierten tätig. Sie kaufte sich privat eine Farbkamera und dokumentierte ihren Alltag und ihre Ausflüge. Diese Fotos in Farbe zu sehen, erweckt die Geschichte auf ganz andere Weise zum Leben.

Aufgrund dieser wertvollen und anschaulichen Quellen ist die Prange-Sammlung eine wichtige Ressource für die historische Japanforschung. Die in ihr enthaltenen Printmedien decken eine große Themenvielfalt ab, die das Alltagsleben der damaligen Zeit sehr gut abbildet. Deswegen lohnt sich ein Besuch in der Prange-Sammlung für zahlreiche Forschungsprojekte. Üblicherweise bietet das Nathan and Jeanette Miller Center for Historical Studies Reisestipendien für Post-Docs und Doktorand:innen an, um an die University of Maryland zu reisen und in der Sammlung zu recherchieren. Bewerben können sich Kandidat:innen von überall aus der Welt und aus allen Fachrichtungen, aber geschichtswissenschaftliche Projekte sind besonders erwünscht. Wegen der Corona-Pandemie sind diese Reisestipendien zunächst ausgesetzt, sie sollen aber wieder anlaufen, wenn Reisen nicht mehr eingeschränkt sind. Die Liste der bereits geförderten Forschungsprojekte vermittelt einen Eindruck darüber, welche Vielfalt von Forschungsbereichen von einer Recherche in der Prange-Sammlung profitieren kann. Neuigkeiten zur Prange-Sammlung gibt es auch über den Blog der Einrichtung.

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Die Prange-Sammlung Teil 1

Wenn man sich mit Aufsätzen und Monographien über Japan zur Besatzungszeit beschäftigt, dann stolpert man in den Danksagungen häufig über eine Institution: Die Prange-Sammlung in Maryland, einschließlich der hilfreichen Bibliothekar:innen, die dort arbeiten und Forschenden dabei helfen, in der unglaublich umfassenden Sammlung zu recherchieren. Bei der Prange-Sammlung handelt es sich um die größte Sammlung von Printmedien Japans des Zeitraums zwischen 1945 und 1949. In der Sammlung sind rund 71.000 Bücher und Broschüren, 13.800 Zeitschriften, 18.000 Zeitungen, 10.000 Fotos und andere Medien – insgesamt 20 Tonnen an Material! – enthalten.

Wie der Name schon sagt, wurde die Sammlung hauptsächlich von Gordon W. Prange, einem amerikanischen Historiker, zusammengestellt. Prange war schon vor dem Zweiten Weltkrieg an der University of Maryland als Geschichtsprofessor beschäftigt. Im Zweiten Weltkrieg war er dann als Offizier der United States Navy tätig. Während der Besatzung Japans durch die Alliierten wurde er der Chefhistoriker für General Douglas MacArthur, allerdings als Teil des zivilen Personals. Eigentlich wollte Prange nicht in Japan bleiben, sondern direkt 1946 nach Maryland zurückkehren, um wieder zu lehren. Durch einen Sturm wurde sein Schiff allerdings daran gehindert, den Hafen zu verlassen, und so entschied sich Prange doch noch, die angebotene Stelle bei General MacArthur anzunehmen. Er führte Interviews mit ehemaligen Angehörigen des japanischen Militärs durch und untersuchte insbesondere den Angriff auf Pearl Harbor. Nach der Besatzungszeit kehrte er an die University of Maryland zurück und lehrte dort. Aber woher kommen all die Dokumente in der Prange-Sammlung?

Während der Besatzungszeit war es Aufgabe des Civil Censorship Detachments (CCD), die gesamte Kommunikation der Zivilbevölkerung zu kontrollieren – dies umfasste zunächst schriftliche Korrespondenz und Telefongespräche, aber natürlich auch das Massenmedium Radio und jegliche Form der Publikation in Printmedien. Bis 1949, als das CCD seinen Betrieb einstellte, mussten so alle Verlage, individuell Herausgebende oder Autor:innen zwei Exemplare jeder Publikation beim CCD einreichen. Davon wurde je eine Kopie einbehalten und eine Kopie wurde an die Herausgebenden zurückgegeben – mit Beanstandungen, sofern es welche gab. Die vom CCD einbehaltenen Publikationen wurden nach Beendigung der Zensur jedoch nicht vernichtet. Gordon W. Prange erkannte den historischen Wert dieser umfassenden Sammlung von Printmedien und setzte sich dafür ein, dass sie nach Maryland verschifft, dort bearbeitet und schließlich der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Besonders spannend: Es sind nicht nur die Publikationen selbst archiviert, sondern bei manchen Dokumenten lassen sich zudem die Notizen und Einschätzung der Zensoren finden. Deswegen ist die Prange-Sammlung eine kostbare Ressource für die historische Japanforschung.

Eine Sammlung dieser Größe benötigt natürlich Zeit, um katalogisiert und aufbereitet zu werden. Heute ist die Sammlung in der Hornbake Bibliothek auf dem Campus der University of Maryland einzusehen. Zwischen 1992 und 2001 gab es ein gemeinsames Projekt mit der Staatlichen Parlamentsbibliothek in Tōkyō, Zeitschriften und Zeitungen aus der Sammlung auf Mikrofiche zu speichern und sie auch dort verfügbar zu machen.

Daneben gab es jedoch auch weitere Bemühungen in Japan, die Prange-Sammlung für ein breites Publikum nutzbar zu machen. Im Jahr 2000 erhielt das von Yamamoto Taketoshi, einem emeritierten Professor der Fakultät für Politische Ökonomie der Waseda-Universität in Tōkyō, gegründete „Projektkomitee zur Erstellung einer Artikelinformationsdatenbank für Zeitschriften aus der Besatzungszeit“ Forschungsgelder des Ministeriums für Bildung, Kultur, Sport und Wissenschaft. Yamamoto, dessen Forschung sich u. a. mit Zeitungsgeschichte beschäftigte, hatte sich bereits lange mit der US-amerikanischen Besatzungszeit Japans auseinandergesetzt und interessierte sich brennend für alle Materialien, die er dazu finden konnte, weshalb er mehrfach persönlich die Prange-Sammlung der Maryland University besuchte.

Mehrere vorangegangene Bemühungen verschiedener Arten von Datensammlungen seinerseits mündeten schließlich in der Erstellung der digitalen Datenbank „20th Century Media Information Database“ durch die NPO Institute of Intelligence Studies. Die Datenbank steht seit November 2020 dauerhaft zur Verfügung, ein Zugriff ist auch über CrossAsia möglich. Dabei handelt es sich um eine Metadatenbank mit über drei Millionen Einträgen zu Zeitschriften- und über einer Million Einträgen zu Zeitungsartikeln. Die Einträge enthalten u. a. Informationen zu Verfasser:innen, Veröffentlichungsort und
-datum, Herausgeber:innen sowie zu einer eventuellen Zensur.

Die „20th Century Media Information Database“ ist somit ein weiterer wichtiger Schritt in der Erschließung der Prange-Sammlung und dazu, ein umfassenderes Bild über das Japan der Nachkriegszeit zu erhalten. Auch für interessierte Studierende bietet die Datenbank eine spannende Möglichkeit zu eigener Recherche.

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Die Kölner Japanologie stellt sich vor: Teil XI

Name
Sanae Chevalier

Was wollte ich eigentlich mal werden?
Ständig etwas anderes 🙂 In der Grundschule wollte ich Manga-Zeichnerin werden. Ich habe damals mit Freundinnen eine Serie über eine Katze und ihre Familie gezeichnet. Danach kamen andere Kindheitsträume wie Schriftstellerin, Konditorin, Redakteurin oder Polizistin. Ich glaube, ich habe mich immer davon inspirieren lassen, was ich gerade gelesen, im Fernsehen gesehen oder erlebt habe. Nachdem ich in der Junior High School mit Englisch angefangen und viel Michael Jackson gehört habe, wollte ich einen Job, in dem ich Englisch sprechen kann.

Was mache ich jetzt?
Ich bin Lehrerin für japanische Sprachkurse. Ich unterstütze unsere Studierenden dabei, in Grammatik, Hören, Lesen, Schreiben und Sprechen besser zu werden. Mit meinen Kollegen und Kolleginnen unterrichte ich Japanisch 1 bis 4 sowie den Mittelstufenkurs.

Wie bin ich zu diesem Beruf gekommen?
Bevor ich Japanisch-Lehrerin geworden bin, habe ich in Japan für eine amerikanische Bank gearbeitet. Das Team war sehr international. Dadurch habe ich bei der Arbeit viele Sprachen gehört und Menschen getroffen, die Japanisch gelernt hatten oder gerade Unterricht nahmen. So habe ich begonnen, mich für Japanisch als Fremdsprache zu interessieren.

Nach meiner Ausbildung zur Japanisch-Lehrerin habe ich in Deutschland Unterricht in verschiedenen Universitäten und öffentlichen Institutionen gegeben. Das war eine ziemlich herausfordernde Zeit, weil ich während des Tages ständig von einem Ort zum anderen hetzen musste. Hinzu kam, dass jedes Institut andere Lehrbücher und andere Unterrichtsansätze genutzt hat. Rückblickend war es eine tolle Gelegenheit, all diese Unterschiede mal erfahren zu haben. Ich habe auf jeden Fall viel gelernt. Allerdings bin ich jetzt auch glücklich, mich als Vollzeitbeschäftigte an der Uni Köln komplett auf meine Studierenden hier konzentrieren zu können.

Was schätze ich an meinem Beruf?
Ich weiß, dass Japanisch für viele Europäer nicht leicht ist, weil ihre Muttersprache sehr anders ist. Ich bin daher immer wieder beeindruckt, wenn Studierende nach einer Weile anfangen, gut Japanisch zu sprechen. Es ist auch einfach großartig zu sehen, wie sich Studierende durch ihr eigenes Engagement weiterentwickeln – wie sie neue Erfahrungen machen, Freunde und PartnerInnen finden, später einen Job bekommen, bei dem sie ihre Japanisch-Kenntnisse nutzen können, oder an der Uni bleiben, um ihre Masterarbeit oder Dissertation zu schreiben. Es macht mich sehr zufrieden, sie auf diesem Weg etwas begleiten und unterstützen zu können.

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Digitalisierung und Japanisch lernen

Das Schlagwort „Digitalisierung“ erfasst alle Lebensbereiche, und in Zeiten von Corona hat es auch in Schulen und Universitäten viele Veränderungen in dieser Hinsicht gegeben. Diese Entwicklung spiegelt sich ebenfalls in der Lehrer*innenbildung Japanisch an der Universität zu Köln wider. Während die Digitalisierung vor Corona nur marginal eine Rolle spielte, nimmt digital unterstütztes Lernen inzwischen zumindest im Master deutlich mehr Raum ein. Dabei gehen die Anfänge des computergestützten Japanischlernens durchaus bis in die 1990er Jahre zurück.

Vor allem die Gründung der Vereinigung Computer Assisted System for Teaching & Learning/Japanese (CASTEL/J) im Jahre 1991 durch OIKAWA Akifumi (damals beim Staatlichen Sprachforschungsinstitut (Kokuritsu Kokugo Kenkyûjo) tätig) hat das computergestützte Japanischlernen nachhaltig beeinflusst. So wurden in der Anfangszeit copyright-freie Wörterbücher, Texte in japanischer Sprache, Bilder und Videos in einer Datenbank gesammelt und zunächst mit Hilfe von Datenträgern wie CDs oder DVDs, später aber auch online zugänglich gemacht. Inzwischen ist die Vereinigung im Bereich des internationalen wissenschaftlichen Austauschs tätig und veranstaltet Tagungen, deren Ergebnisse später veröffentlicht werden (z. B. Lee, Jaeho (Hg.) (2019). ICT X Nihongo kyōiku. Tōkyō: Hitsuji shobō, vgl. Foto rechts).

Auch wenn die Anwendungen, die im Japanischunterricht heute im Allgemeinen genutzt werden, noch relativ einfach sind, so zeigt das Programm der am 10./11. August 2021 online stattfindenden Tagung CASTEL/J 2021 doch deutlich, dass auch für Japanisch als Fremdsprache vielfältige Forschungen in Gang gekommen sind. Ein Beispiel dafür ist der JWriter, ein von LEE Jae-Ho und HASEBE Yōichirō entwickeltes Werkzeug zur Analyse der Qualität von Lernenden-Schreibprodukten, das auch Zusatzkommentare oder diagnostische Hinweise zur erreichten Lernstufe und vorkommenden Textmerkmalen gibt. So können Lernende ihre Produkte verbessern bzw. weitere Ratschläge von einer Lehrperson einholen.

Bis diese Forschungen in den (Präsenz-) Unterricht Eingang finden, dauert es erfahrungsgemäß etwas. Dennoch lässt sich festhalten, dass sich auch hier bereits seit längerem für Lernende die Möglichkeit bietet, direkt auf kulturelle und sprachliche (Original-) Ressourcen im Internet zuzugreifen. Dies führt allerdings gerade bei Anfänger*innen schnell zu einer Überforderung, so dass diese Lernenden Anleitung und Unterstützung benötigen. Z. T. finden sie diese im Netz durch digitale Werkzeuge wie Online-Wörterbücher, Lehr-Lern-Videos zu bestimmten Bereichen der sprachlichen Mittel (Grammatik, Aussprache) oder auch einfache Apps oder Programme, mit denen sich Übungen gestalten oder Wortschatz lernen lassen (ein bewährtes Beispiel für solche digitale Lernkarten ist Anki, eine quelloffene Lernkartei, die selbst gestaltet werden kann).

Da digitale Werkzeuge im Japanisch-Unterricht an Schulen aber zunächst u. a. aufgrund der fehlenden Infrastruktur oder bestehender Schulregeln eher zögerlich genutzt wurden, nahmen sie auch nur wenig Raum in den Fachdidaktik-Seminaren ein. Durch die Covid 19-Pandemie fand allerdings eine Beschleunigung der Digitalisierung in den Schulen und Hochschulen statt, und damit spielt dieses Thema nun auch im Lehramtsstudium eine größere Rolle. So lernen die Studierenden schon im Bachelor digitale Werkzeuge zum kooperativen Lernen kennen, die sie später auch im schulischen Unterricht einsetzen können. Im Master haben sie Gelegenheit, selbst Unterricht mit Hilfe digitaler Medien gestalten zu lernen.

© D. Glowania

Dazu gehören auch die Konzeption und Umsetzung von Einheiten zum synchronen und asynchronen digitalen Lernen (s. Bild links). Dabei kommt es – wie im Präsenzunterricht auch – darauf an, die Schüler*innen dort „abzuholen, wo sie stehen“, was durch das Anknüpfen an die bereits erarbeiteten Wissensgebiete (Wortschatz, Grammatik, soziokulturelles Orientierungswissen) und die Situierung der Aufgaben in der Lebenswelt der Schüler*innen erreicht werden kann. Hinzu kommt die Möglichkeit zur systematischen Erarbeitung eines bestimmten Kompetenzbereichs (spiralförmiges Curriculum) im Rahmen einer asynchronen Lerneinheit. Wichtig ist hier die Aktivierung der Schüler*innen, damit das Lernvideo nicht einfach nur „konsumiert“ wird. Diese erfolgt z.B. durch die direkte Ansprache der (bekannten) Lehrkraft mittels Videobotschaft, aber noch stärker durch interaktive Elemente, beispielsweise durch problemlösende Aufgabenstellungen (analog und/oder digital) unter Nutzung verschiedener Aufgabentypen. Ein (automatisiertes) Feedback zum Lernerfolg liefert den Lernenden erste Anhaltspunkte, ebenso bieten eine im Lernvideo angelegte Reflexion des genutzten Mediums und des Lernfortschritts wichtige Denkanstöße. Gleichzeitig sollte jedoch klar sein, dass nach wie vor die Begleitung durch eine Lehrkraft, die Möglichkeit der Abgabe von Lernprodukten und das passgenaue Feedback dazu unverzichtbare Schritte für ein nachhaltiges Lernen sind und die Nutzung von Apps oder Programmen immer nur zusätzliche Möglichkeiten – beispielsweise zu unterschiedlichen Zugängen oder zur gezielten Arbeit an einem Bereich – bereitstellt (weitere Informationen zum digitalen Lernen in der Lehrer*innenbildung Japanisch hier).

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