Die Prange-Sammlung Teil 1

Wenn man sich mit Aufsätzen und Monographien über Japan zur Besatzungszeit beschäftigt, dann stolpert man in den Danksagungen häufig über eine Institution: Die Prange-Sammlung in Maryland, einschließlich der hilfreichen Bibliothekar:innen, die dort arbeiten und Forschenden dabei helfen, in der unglaublich umfassenden Sammlung zu recherchieren. Bei der Prange-Sammlung handelt es sich um die größte Sammlung von Printmedien Japans des Zeitraums zwischen 1945 und 1949. In der Sammlung sind rund 71.000 Bücher und Broschüren, 13.800 Zeitschriften, 18.000 Zeitungen, 10.000 Fotos und andere Medien – insgesamt 20 Tonnen an Material! – enthalten.

Wie der Name schon sagt, wurde die Sammlung hauptsächlich von Gordon W. Prange, einem amerikanischen Historiker, zusammengestellt. Prange war schon vor dem Zweiten Weltkrieg an der University of Maryland als Geschichtsprofessor beschäftigt. Im Zweiten Weltkrieg war er dann als Offizier der United States Navy tätig. Während der Besatzung Japans durch die Alliierten wurde er der Chefhistoriker für General Douglas MacArthur, allerdings als Teil des zivilen Personals. Eigentlich wollte Prange nicht in Japan bleiben, sondern direkt 1946 nach Maryland zurückkehren, um wieder zu lehren. Durch einen Sturm wurde sein Schiff allerdings daran gehindert, den Hafen zu verlassen, und so entschied sich Prange doch noch, die angebotene Stelle bei General MacArthur anzunehmen. Er führte Interviews mit ehemaligen Angehörigen des japanischen Militärs durch und untersuchte insbesondere den Angriff auf Pearl Harbor. Nach der Besatzungszeit kehrte er an die University of Maryland zurück und lehrte dort. Aber woher kommen all die Dokumente in der Prange-Sammlung?

Während der Besatzungszeit war es Aufgabe des Civil Censorship Detachments (CCD), die gesamte Kommunikation der Zivilbevölkerung zu kontrollieren – dies umfasste zunächst schriftliche Korrespondenz und Telefongespräche, aber natürlich auch das Massenmedium Radio und jegliche Form der Publikation in Printmedien. Bis 1949, als das CCD seinen Betrieb einstellte, mussten so alle Verlage, individuell Herausgebende oder Autor:innen zwei Exemplare jeder Publikation beim CCD einreichen. Davon wurde je eine Kopie einbehalten und eine Kopie wurde an die Herausgebenden zurückgegeben – mit Beanstandungen, sofern es welche gab. Die vom CCD einbehaltenen Publikationen wurden nach Beendigung der Zensur jedoch nicht vernichtet. Gordon W. Prange erkannte den historischen Wert dieser umfassenden Sammlung von Printmedien und setzte sich dafür ein, dass sie nach Maryland verschifft, dort bearbeitet und schließlich der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Besonders spannend: Es sind nicht nur die Publikationen selbst archiviert, sondern bei manchen Dokumenten lassen sich zudem die Notizen und Einschätzung der Zensoren finden. Deswegen ist die Prange-Sammlung eine kostbare Ressource für die historische Japanforschung.

Eine Sammlung dieser Größe benötigt natürlich Zeit, um katalogisiert und aufbereitet zu werden. Heute ist die Sammlung in der Hornbake Bibliothek auf dem Campus der University of Maryland einzusehen. Zwischen 1992 und 2001 gab es ein gemeinsames Projekt mit der Staatlichen Parlamentsbibliothek in Tōkyō, Zeitschriften und Zeitungen aus der Sammlung auf Mikrofiche zu speichern und sie auch dort verfügbar zu machen.

Daneben gab es jedoch auch weitere Bemühungen in Japan, die Prange-Sammlung für ein breites Publikum nutzbar zu machen. Im Jahr 2000 erhielt das von Yamamoto Taketoshi, einem emeritierten Professor der Fakultät für Politische Ökonomie der Waseda-Universität in Tōkyō, gegründete „Projektkomitee zur Erstellung einer Artikelinformationsdatenbank für Zeitschriften aus der Besatzungszeit“ Forschungsgelder des Ministeriums für Bildung, Kultur, Sport und Wissenschaft. Yamamoto, dessen Forschung sich u. a. mit Zeitungsgeschichte beschäftigte, hatte sich bereits lange mit der US-amerikanischen Besatzungszeit Japans auseinandergesetzt und interessierte sich brennend für alle Materialien, die er dazu finden konnte, weshalb er mehrfach persönlich die Prange-Sammlung der Maryland University besuchte.

Mehrere vorangegangene Bemühungen verschiedener Arten von Datensammlungen seinerseits mündeten schließlich in der Erstellung der digitalen Datenbank „20th Century Media Information Database“ durch die NPO Institute of Intelligence Studies. Die Datenbank steht seit November 2020 dauerhaft zur Verfügung, ein Zugriff ist auch über CrossAsia möglich. Dabei handelt es sich um eine Metadatenbank mit über drei Millionen Einträgen zu Zeitschriften- und über einer Million Einträgen zu Zeitungsartikeln. Die Einträge enthalten u. a. Informationen zu Verfasser:innen, Veröffentlichungsort und
-datum, Herausgeber:innen sowie zu einer eventuellen Zensur.

Die „20th Century Media Information Database“ ist somit ein weiterer wichtiger Schritt in der Erschließung der Prange-Sammlung und dazu, ein umfassenderes Bild über das Japan der Nachkriegszeit zu erhalten. Auch für interessierte Studierende bietet die Datenbank eine spannende Möglichkeit zu eigener Recherche.

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Die Kölner Japanologie stellt sich vor: Teil XI

Name
Sanae Chevalier

Was wollte ich eigentlich mal werden?
Ständig etwas anderes 🙂 In der Grundschule wollte ich Manga-Zeichnerin werden. Ich habe damals mit Freundinnen eine Serie über eine Katze und ihre Familie gezeichnet. Danach kamen andere Kindheitsträume wie Schriftstellerin, Konditorin, Redakteurin oder Polizistin. Ich glaube, ich habe mich immer davon inspirieren lassen, was ich gerade gelesen, im Fernsehen gesehen oder erlebt habe. Nachdem ich in der Junior High School mit Englisch angefangen und viel Michael Jackson gehört habe, wollte ich einen Job, in dem ich Englisch sprechen kann.

Was mache ich jetzt?
Ich bin Lehrerin für japanische Sprachkurse. Ich unterstütze unsere Studierenden dabei, in Grammatik, Hören, Lesen, Schreiben und Sprechen besser zu werden. Mit meinen Kollegen und Kolleginnen unterrichte ich Japanisch 1 bis 4 sowie den Mittelstufenkurs.

Wie bin ich zu diesem Beruf gekommen?
Bevor ich Japanisch-Lehrerin geworden bin, habe ich in Japan für eine amerikanische Bank gearbeitet. Das Team war sehr international. Dadurch habe ich bei der Arbeit viele Sprachen gehört und Menschen getroffen, die Japanisch gelernt hatten oder gerade Unterricht nahmen. So habe ich begonnen, mich für Japanisch als Fremdsprache zu interessieren.

Nach meiner Ausbildung zur Japanisch-Lehrerin habe ich in Deutschland Unterricht in verschiedenen Universitäten und öffentlichen Institutionen gegeben. Das war eine ziemlich herausfordernde Zeit, weil ich während des Tages ständig von einem Ort zum anderen hetzen musste. Hinzu kam, dass jedes Institut andere Lehrbücher und andere Unterrichtsansätze genutzt hat. Rückblickend war es eine tolle Gelegenheit, all diese Unterschiede mal erfahren zu haben. Ich habe auf jeden Fall viel gelernt. Allerdings bin ich jetzt auch glücklich, mich als Vollzeitbeschäftigte an der Uni Köln komplett auf meine Studierenden hier konzentrieren zu können.

Was schätze ich an meinem Beruf?
Ich weiß, dass Japanisch für viele Europäer nicht leicht ist, weil ihre Muttersprache sehr anders ist. Ich bin daher immer wieder beeindruckt, wenn Studierende nach einer Weile anfangen, gut Japanisch zu sprechen. Es ist auch einfach großartig zu sehen, wie sich Studierende durch ihr eigenes Engagement weiterentwickeln – wie sie neue Erfahrungen machen, Freunde und PartnerInnen finden, später einen Job bekommen, bei dem sie ihre Japanisch-Kenntnisse nutzen können, oder an der Uni bleiben, um ihre Masterarbeit oder Dissertation zu schreiben. Es macht mich sehr zufrieden, sie auf diesem Weg etwas begleiten und unterstützen zu können.

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Digitalisierung und Japanisch lernen

Das Schlagwort „Digitalisierung“ erfasst alle Lebensbereiche, und in Zeiten von Corona hat es auch in Schulen und Universitäten viele Veränderungen in dieser Hinsicht gegeben. Diese Entwicklung spiegelt sich ebenfalls in der Lehrer*innenbildung Japanisch an der Universität zu Köln wider. Während die Digitalisierung vor Corona nur marginal eine Rolle spielte, nimmt digital unterstütztes Lernen inzwischen zumindest im Master deutlich mehr Raum ein. Dabei gehen die Anfänge des computergestützten Japanischlernens durchaus bis in die 1990er Jahre zurück.

Vor allem die Gründung der Vereinigung Computer Assisted System for Teaching & Learning/Japanese (CASTEL/J) im Jahre 1991 durch OIKAWA Akifumi (damals beim Staatlichen Sprachforschungsinstitut (Kokuritsu Kokugo Kenkyûjo) tätig) hat das computergestützte Japanischlernen nachhaltig beeinflusst. So wurden in der Anfangszeit copyright-freie Wörterbücher, Texte in japanischer Sprache, Bilder und Videos in einer Datenbank gesammelt und zunächst mit Hilfe von Datenträgern wie CDs oder DVDs, später aber auch online zugänglich gemacht. Inzwischen ist die Vereinigung im Bereich des internationalen wissenschaftlichen Austauschs tätig und veranstaltet Tagungen, deren Ergebnisse später veröffentlicht werden (z. B. Lee, Jaeho (Hg.) (2019). ICT X Nihongo kyōiku. Tōkyō: Hitsuji shobō, vgl. Foto rechts).

Auch wenn die Anwendungen, die im Japanischunterricht heute im Allgemeinen genutzt werden, noch relativ einfach sind, so zeigt das Programm der am 10./11. August 2021 online stattfindenden Tagung CASTEL/J 2021 doch deutlich, dass auch für Japanisch als Fremdsprache vielfältige Forschungen in Gang gekommen sind. Ein Beispiel dafür ist der JWriter, ein von LEE Jae-Ho und HASEBE Yōichirō entwickeltes Werkzeug zur Analyse der Qualität von Lernenden-Schreibprodukten, das auch Zusatzkommentare oder diagnostische Hinweise zur erreichten Lernstufe und vorkommenden Textmerkmalen gibt. So können Lernende ihre Produkte verbessern bzw. weitere Ratschläge von einer Lehrperson einholen.

Bis diese Forschungen in den (Präsenz-) Unterricht Eingang finden, dauert es erfahrungsgemäß etwas. Dennoch lässt sich festhalten, dass sich auch hier bereits seit längerem für Lernende die Möglichkeit bietet, direkt auf kulturelle und sprachliche (Original-) Ressourcen im Internet zuzugreifen. Dies führt allerdings gerade bei Anfänger*innen schnell zu einer Überforderung, so dass diese Lernenden Anleitung und Unterstützung benötigen. Z. T. finden sie diese im Netz durch digitale Werkzeuge wie Online-Wörterbücher, Lehr-Lern-Videos zu bestimmten Bereichen der sprachlichen Mittel (Grammatik, Aussprache) oder auch einfache Apps oder Programme, mit denen sich Übungen gestalten oder Wortschatz lernen lassen (ein bewährtes Beispiel für solche digitale Lernkarten ist Anki, eine quelloffene Lernkartei, die selbst gestaltet werden kann).

Da digitale Werkzeuge im Japanisch-Unterricht an Schulen aber zunächst u. a. aufgrund der fehlenden Infrastruktur oder bestehender Schulregeln eher zögerlich genutzt wurden, nahmen sie auch nur wenig Raum in den Fachdidaktik-Seminaren ein. Durch die Covid 19-Pandemie fand allerdings eine Beschleunigung der Digitalisierung in den Schulen und Hochschulen statt, und damit spielt dieses Thema nun auch im Lehramtsstudium eine größere Rolle. So lernen die Studierenden schon im Bachelor digitale Werkzeuge zum kooperativen Lernen kennen, die sie später auch im schulischen Unterricht einsetzen können. Im Master haben sie Gelegenheit, selbst Unterricht mit Hilfe digitaler Medien gestalten zu lernen.

© D. Glowania

Dazu gehören auch die Konzeption und Umsetzung von Einheiten zum synchronen und asynchronen digitalen Lernen (s. Bild links). Dabei kommt es – wie im Präsenzunterricht auch – darauf an, die Schüler*innen dort „abzuholen, wo sie stehen“, was durch das Anknüpfen an die bereits erarbeiteten Wissensgebiete (Wortschatz, Grammatik, soziokulturelles Orientierungswissen) und die Situierung der Aufgaben in der Lebenswelt der Schüler*innen erreicht werden kann. Hinzu kommt die Möglichkeit zur systematischen Erarbeitung eines bestimmten Kompetenzbereichs (spiralförmiges Curriculum) im Rahmen einer asynchronen Lerneinheit. Wichtig ist hier die Aktivierung der Schüler*innen, damit das Lernvideo nicht einfach nur „konsumiert“ wird. Diese erfolgt z.B. durch die direkte Ansprache der (bekannten) Lehrkraft mittels Videobotschaft, aber noch stärker durch interaktive Elemente, beispielsweise durch problemlösende Aufgabenstellungen (analog und/oder digital) unter Nutzung verschiedener Aufgabentypen. Ein (automatisiertes) Feedback zum Lernerfolg liefert den Lernenden erste Anhaltspunkte, ebenso bieten eine im Lernvideo angelegte Reflexion des genutzten Mediums und des Lernfortschritts wichtige Denkanstöße. Gleichzeitig sollte jedoch klar sein, dass nach wie vor die Begleitung durch eine Lehrkraft, die Möglichkeit der Abgabe von Lernprodukten und das passgenaue Feedback dazu unverzichtbare Schritte für ein nachhaltiges Lernen sind und die Nutzung von Apps oder Programmen immer nur zusätzliche Möglichkeiten – beispielsweise zu unterschiedlichen Zugängen oder zur gezielten Arbeit an einem Bereich – bereitstellt (weitere Informationen zum digitalen Lernen in der Lehrer*innenbildung Japanisch hier).

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Die Kölner Japanologie stellt sich vor: Teil X

Name
Katharina Hülsmann

Was wollte ich eigentlich einmal werden?
Schon seit frühester Kindheit habe ich mich fürs Zeichnen und für Comics interessiert. Natürlich wollte ich gerne auch einmal ‚Zeichnerin‘ werden, aber weiter haben sich diese Vorstellungen nicht konkretisiert. Meine Faszination fürs graphische Erzählen entwickelte sich jedoch stetig über die Jahre. Zuerst einmal gab es bei uns im Haushalt vor allen Dingen die Klassiker, die man auf dem deutschen Comicmarkt findet: Das Lustige Taschenbuch, wofür ich mich allerdings nie wirklich begeistern konnte. Interessanter fand ich französische und frankobelgische Serien wie Asterix, Lucky Luke oder Spirou. Gegen Mitte der 1990er gab es dann in Deutschland den ersten großen Boom von japanischer Populärkultur und ich fing an, Manga zu lesen. Insbesondere Sailor Moon gefällt mir bis heute noch. Über Manga begann ich auch, mich für die japanische Kultur und Gesellschaft zu interessieren, und ich habe meinen ersten Japanischkurs an der Volkshochschule besucht. Als ich dann mein Abitur in der Tasche hatte, entschied ich mich, Modernes Japan zu studieren. Mich interessierte nach wie vor das Land, die Kultur und insbesondere die Populärkultur. Auch japanische Musik und japanische Horrorfilme hatten in der Zwischenzeit an internationaler Beliebtheit gewonnen und es wurde viel diskutiert, was diese populärkulturellen Erzeugnisse ‚so besonders‘ mache.

Was mache ich jetzt?
Momentan bin ich im Ostasiatischen Seminar der Universität zu Köln in der Abteilung Japanologie als Projektmitarbeiterin zum Thema „Die gespaltene Gesellschaft – diskursive Konstitution Japans zwischen Atombombe (genbaku) und Atomkraftwerk (genpatsu)“ angestellt. In diesem Projekt recherchiere ich in alten Sammlungen zu Manga, die sich mit diesen Themenkomplexen beschäftigen. Außerdem kümmere ich mich auch um organisatorische Belange, wie z. B. die Betreuung von Publikationen und Veranstaltungen.

Wie bin ich zu diesem Beruf gekommen?
Bevor ich nach Köln kam, habe ich lange in Düsseldorf am Institut für Modernes Japan gearbeitet. Zuerst 2010 als studentische Hilfskraft, dann als wissenschaftliche Hilfskraft und später ab 2015 als wissenschaftliche Mitarbeiterin. Ich beschäftigte mich während meines Studiums eigentlich von Anfang an mit verschiedenen populärkulturellen Medien Japans – Videospiele, Manga, Anime. Auch transkulturelle Einflüsse innerhalb der Populärkultur interessierten mich sehr. Nach meinem Bachelorabschluss begann ich zudem, mich für Genderforschung und Genderrepräsentationen in der Populärkultur zu interessieren. Da die Japanologie kein Methodenfach ist, bedient sie sich an allen möglichen Disziplinen und so bekommt man einen Einblick in verschiedenste Forschungsrichtungen: Medienwissenschaft, Soziologie, Ethnologie.

Hängengeblieben bin ich schließlich bei den Cultural Studies und führte für meine Dissertation eine Feldstudie unter dōjinshi-Künstler*innen in Japan durch. Bei dōjinshi handelt es sich um Publikationen, die von einzelnen Künstler*innen oder Künstler*innengruppen selbst herausgegeben  und im Rahmen von spezialisierten Events, wie z.B. der Comiket, in Umlauf gebracht werden. Diese Art der inoffiziellen Publikationen im Manga-Format interessierte mich besonders, da sie als eine Form der kreativen Teilhabe gesehen werden können.

Besonders starke Erinnerungen habe ich aber auch noch an das Jahr 2011, das das
150. Jubiläumsjahr der deutsch-japanischen Beziehungen war und auch das Jahr, in dem Japan nach der Nuklearkatastrophe in Fukushima besonders viel internationale Aufmerksamkeit zuteil wurde. Wir hatten nach längerer Planung Herrn Hideto Sotobayashi (ein Hiroshima-Überlebender, der in Deutschland lebte) eingeladen, einen Vortrag über seine Erfahrung des Atombombenabwurfs zu halten. Im Rahmen seines Vortrages wurde er auch zu seinem Standpunkt bezüglich ‚friedlicher‘ Atomenergie befragt. Die schrecklichen Erfahrungen, die er schilderte, und auch seine Haltung gegenüber der industriellen Nutzung von Atomenergie, deren Friedfertigkeit er hinterfragte, haben einen starken Eindruck bei mir hinterlassen. Deswegen freut es mich sehr, mein Wissen über Manga nun auch im Rahmen des aktuellen Projekts verarbeiten zu können.

Was schätze ich an meinem Beruf?
Einerseits schätze ich den Austausch und die Kooperation mit anderen Forschenden. Ich bin Mitglied in verschiedenen Arbeitsgemeinschaften zu Comicforschung sowie zu Fan- und Partizipationsforschung, habe im Wintersemester 2020/2021 beispielsweise im Rahmen eines Lehrauftrages am Institut für Medienkultur und Theater gelehrt und freue mich immer, meine Gedanken und Forschungsergebnisse selbst in einem fachfremden Kontext vorzustellen. Da bekommt man viele neue Ideen und kann die eigene Perspektive besser reflektieren. Oft ist man als Japanolog*in auf nicht-japanologischen Tagungen allerdings eine Art Exot*in und hat dann die Gelegenheit, mit stereotypen Japanbildern aufzuräumen – was für alle Beteiligten ein Gewinn ist, denke ich.

Andererseits schätze ich es auch sehr zu lehren. Als ich meinen Bachelor begann, gab es lediglich einen Kurs, der sich mit der Medienlandschaft Japans beschäftigte. Mittlerweile werden Medien und Populärkultur Japans viel mehr in den wissenschaftlichen Fokus gerückt und es freut mich, die Studierenden an wissenschaftliches Arbeiten heranzuführen und sie in ihren Interessen zu bestärken. Außerdem lerne ich von den Studierenden selbst viel Neues – man hat in der Forschung leider nicht viel Zeit, um neue Serien oder Manga zu konsumieren und durch die Studis werde ich auf dem Laufenden gehalten, was gerade angesagt ist. Insgesamt finde ich es wunderbar, dass man im universitären Bereich nie aufhört zu lernen und dass man sich mit immer neuen Themenbereichen auseinandersetzt. So wird es nie langweilig.

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Die Kölner Japanologie stellt sich vor: Teil IX

Name
Paul Schoppe

Was wollte ich eigentlich mal werden?
Während der Schulzeit hatte ich im Grunde noch keine konkreten Berufsvorstellungen und habe mich lediglich von meinen schulischen und freizeitlichen Interessensgebieten in verschiedene Richtungen treiben lassen. Meine Lieblingsfächer in der Schule waren Sprachen und Naturwissenschaften, wobei ich aufgrund eines Interesses für Astronomie letztlich Physik und Chemie als Leistungskurse in der Oberstufe wählte. Zudem besuchte ich im Rahmen von Schnupperveranstaltungen an der Universität Vorlesungen zu Astrophysik, um dies als möglichen Studien- und Berufszweig zu erkunden. Gleichzeitig habe ich während der Gymnasialzeit jedoch auch jahrelang intensiv das asiatische Brettspiel Go gespielt und bin darüber auch dazu gekommen, in meiner Freizeit Japanisch zu lernen. Und spätestens als ich bei der Abiturprüfung meine beste Note nicht etwa in den naturwissenschaftlichen Leistungsfächern, sondern im Nebenfach Englisch bekam, wusste ich, dass ich mich für das Studium auf den Bereich Sprachen ausrichten sollte. Ich habe mich daher an verschiedenen Universitäten für das Studienfach Japanologie (teils mit Nebenfach Anglistik) beworben und bin schließlich im Studiengang Asienwissenschaften mit Schwerpunkt Japanisch in Bonn gelandet. Da mir im Laufe dieses Studienganges bewusst wurde, dass ich gerne an der Universität arbeiten würde, folgten darauf der Masterstudiengang Regionalwissenschaft Japan, ein langjähriger Studienaufenthalt in Japan sowie die derzeit laufende Promotion in Japanologie.

Was mache ich jetzt?
Seit März 2020 arbeite ich im Rahmen des DFG-Projekts „Die Neuordnung des Wissens: zur Genese ‚Nationalsprachlicher Lexika‘ (kokugo jisho) und der Kommerzialisierung von ‚Wissen‘ im Ōsaka des 17./18. Jahrhunderts“ als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Japanologie der Universität zu Köln. Meine Tätigkeit besteht aus der Anfertigung einer textkritischen Edition und kommentierten Übersetzung eines setsuyōshū (siehe auch Blog-Eintrag „Lexikalische Erdbeeren“) der Edo-Zeit. In der ersten Phase des Projekts beschäftige ich mich derzeit mit der Lektüre eines solchen Sprachlexikons und der Übertragung desselben in ein Textverarbeitungsprogramm.

Wie bin ich zu diesem Beruf gekommen?
Da ich mich im Rahmen meines Promotionsprojektes mit dem japanischen Mittelalter beschäftige, hatte ich stets gehofft, dass ich irgendwann auch eine japanologische Stelle mit vormoderner Ausrichtung finden würde. Als zur Jahreswende 2019/20 eine Ausschreibung für eine derartige Mitarbeiterstelle in der Kölner Japanologie stattfand, habe ich diese Gelegenheit sogleich ergriffen.

Was schätze ich an meinem Beruf?
Die Arbeit im Projekt findet in kleiner Gruppe statt, in der die einzelnen Mitarbeiter selbstbestimmt arbeiten können und bei Besprechungen gleichermaßen die Gelegenheit haben, sich mit Ideen und Vorschlägen einzubringen. Auch den eigentlichen Arbeitsinhalt schätze ich sehr, da das Entziffern handschriftlicher Schriftzeichen immer wieder aufs Neue ein spannendes Rätsel ist. Zum einen führt dies regelmäßig zu Erfolgserlebnissen, wenn es einem gelingt, besonders schwer lesbare Zeichen zu entziffern. Zum anderen kann man bei dieser Arbeit unmittelbar die eigenen Fortschritte wahrnehmen, denn man lernt jeden Tag, sowohl neue Schriftzeichen zu lesen als auch bereits vorgekommene Zeichen wiederzuerkennen. Darüber hinaus kann ich aufgrund der vormodernen Ausrichtung des Projektes die Kenntnisse der klassischen japanischen Schriftsprache, die ich mir für die Dissertation angeeignet habe, nun auch im Beruf anwenden und weiter ausbauen.

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