18. Deutschsprachiger Japanologentag

© Vu Thuy Doan Hunyh

Vom 24. bis 26. August richtete das Institut für Modernes Japan an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf den 18. deutschsprachigen Japanologentag aus. Die ursprünglich für August 2021 geplante Tagung wurde aufgrund der Coronasituation um ein Jahr verschoben und fand 2022 – dem 50. Jubiläumsjahr des Japanologentages – nun als reine Online-Veranstaltung statt. Dieses Format ermöglichte durch den Wegfall der örtlichen Gebundenheit gleichzeitig auch einem größeren Personenkreis die Teilnahme.

Wie bereits in den Vorjahren umfasste das Programm disziplinär ausgerichtete Sektionen und thematische Panels. In den annähernd 200 Vorträgen zeigte sich deutlich die große Vielfalt des Faches, sodass für alle Interessierten etwas dabei war.

Da ich zum ersten Mal an einem Japanologentag teilnahm, war ich umso gespannter darauf zu sehen, wie sich eine solche Tagung gestaltet. Mitunter war es allerdings gar nicht so leicht, sich für nur einen der vielen parallel laufenden Vorträge zu entscheiden. Zwar lag mein Fokus für den Bericht in diesem Blog auf den Vortragenden der Universität zu Köln, doch versuchte ich gleichzeitig auch, in möglichst vielen verschiedenen Sektionen vorbeizuschauen, um mir einen breiten Überblick zu verschaffen und die Stimmung des Japanologentages in seiner Gesamtheit mitnehmen und einfangen zu können.

Nachdem der Vortrag von Prof. Monika Unkel krankheitsbedingt abgesagt werden musste, nutzte ich die Gelegenheit, um mir Prof. em. Eduard Klopfensteins Vortrag zu Tanikawa Shuntarôs Gedichten über das Dichten anzuhören, in dem er sein Publikum ganz textnah an seinen Gedanken teilhaben ließ. Neben solch klassischen Themen waren aber auch äußerst moderne auf dem Japanologentag vertreten. So gewährte uns beispielsweise Dr. Christina Gmeinbauer einen Einblick in ihre mittlerweile abgeschlossene Dissertation und beleuchtete die Konstruktionen weiblicher Protagonistinnen in digitalen Spielen für den japanischen Markt. Auch in den Sektionen Medien und Informations- und Ressourcenwissenschaften wurden Manga, Anime, Visual Novels und Videospiele thematisiert und die Möglichkeiten erörtert, beispielsweise Fanbase-Datensammlungen wissenschaftlich nutzbar zu machen.

Otoko setsuyôshû nyoi hôju taisei 男節用集如意宝珠大成 © Staatsbibliothek zu Berlin

Einen ganz besonders wichtigen Beitrag aus Kölner Sicht stellte der Workshop zu den setsuyôshû 節用集 dar, der die Ergebnisse des DFG-Forschungsprojekts „Zur Genese „Nationalsprachlicher Lexika“ (kokugo jisho) und der Kommerzialisierung von „Wissen“ im Ôsaka des 17./ 18. Jahrhunderts“ präsentierte. Nach einer historischen Einordnung und Einführung in den Gegenstand des Projekts sowie die wissenschaftliche Bedeutung des Genres durch Prof. Stephan Köhn wurde den Teilnehmenden die im Aufbau befindliche Datenbank durch Martin Thomas und Paul Schoppe nähergebracht. Ganz bewusst wurde hierbei nicht nur auf die beiden im Projekt bearbeiteten Werke, Otoko setsuyôshû nyoi hôju taisei 男節用集如意宝珠大成 (1716) und Onna setsuyô mojibukuro 女節用文字袋 (1762), eingegangen, sondern es wurden auch die technischen Erfordernisse und Herausforderungen spezifiziert und mit den Workshopteilnehmern an einer bereits funktionalen Version der digitalen Datenbank gearbeitet, die ihnen zum Testen zur Verfügung gestellt wurde. Das Feedback der Teilnehmenden wird einen wichtigen Impuls für den weiteren Ausbau bieten.

Aber nicht nur durch die offiziellen Programmpunkte, sondern insbesondere auch vor und nach den eigentlichen Vorträgen wurde schnell klar, dass der Japanologentag dem Austausch von Informationen, der Diskussion und der interdisziplinären Zusammenarbeit innerhalb des Fachs dient. Es war den Teilnehmenden deutlich anzusehen, wie viel Freude der wissenschaftliche Dialog ihnen bereitete und vielleicht auch durch die thematischen Gliederungen in den disziplinären Sektionen herrschte mitunter eine ausgelassene Atmosphäre und es war, als würden sich alte Freunde wiedersehen, die sich nach langer Zeit einmal mehr mit Gleichgesinnten über ihre Lieblingsthemen austauschen konnten. In den Pausen stand auf der Plattform wonder.me ein virtuell begehbarer Raum offen, um sich in kleinen oder großen Gruppen oder eigens eingerichteten Nischen zusammenzufinden, um alte oder neue Bekanntschaften zu machen und zu vertiefen, ein wenig zu plaudern oder sich weiter über das soeben Gehörte und Erlebte auszutauschen. Leider kann ein virtueller Raum ein echtes Treffen bei einem Kaffee oder Tee zwischen den Vorträgen natürlich nicht gänzlich ersetzen. Daher entstand im Anschluss an diese oftmals der Eindruck, als könnten sich die Teilnehmenden nur schwer von ihren Gruppen und den dort stattfindenden angeregten Diskussionen und Gesprächen losreißen.

Der deutschsprachige Japanologentag stellt explizit auch eine Gelegenheit für junge Nachwuchswissenschaftler*innen dar, mit erfahrenen Kolleg*innen und Expert*innen auf ihrem Gebiet zusammenzutreffen, Impulse zu erhalten und zu geben, um die Forschungslandschaft der Japanstudien aktiv mitzugestalten und weiterzuentwickeln. Eines der beiden Abschlusspanels „Berufsperspektiven für Absolvent*innen der Japanologie“ machte dies ganz besonders deutlich. Die moderierte Podiumsdiskussion, in der vier Absolventen und Absolventinnen der Japanologie ihren Werdegang und ihre Berufe in ganz unterschiedlichen Feldern in Deutschland wie in Japan vorstellten, zeigte den Interessierten, welch vielfältige Möglichkeiten ein Abschluss in der Japanologie den Studierenden eröffnet.

Der nächste deutschsprachige Japanologentag ist für August 2025 geplant, allerdings sind Modus und Format noch ungewiss. Natürlich hoffen wir alle, dass ein Japanologentag im altbewährten Präsenzformat wieder uneingeschränkt durchführbar sein wird. Die diesjährige Onlinetagung hatte jedoch ihre ganz eigenen Vorteile und ermöglichte auch die ortsunabhängige Teilnahme beispielsweise von Personen aus Japan. Nicht nur aus den offensichtlich rein praktischen Gründen, sondern sicherlich auch im Hinblick auf CO2-Bilanzen und eine nachhaltige Teilnahme wäre es also durchaus zu überlegen, künftige Japanologentage in einer kombinierten Form abzuhalten, um so die Vorzüge von Präsenz- und Onlineveranstaltungen miteinander zu verbinden.

 

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