Dark Heritage – unser dunkles Erbe

Heritage Studies
Den meisten ist wohl bekannt, dass es sich bei Gebäuden wie dem Kölner Dom oder der Chinesischen Mauer um UNESCO Welterbestätten handelt. Dass sich bei der heutigen Fülle an Welterbestätten und den teilweise kontroversen Ernennungen derselben das Forschungsfeld der Heritage Studies inzwischen fest etabliert hat, ist auch wenig überraschend. Weniger bekannt allerdings sind wohl Teildisziplinen der Heritage Studies, die sich beispielsweise mit dem sogenannten Dark oder Difficult Heritage befassen. Um den Begriff des Dark Heritage aber genauer erläutern zu können, wird zunächst einmal nur das Wort heritage unter die Lupe genommen.

Screenshot: whc.unesco.org

Heritage und UNESCO
Was genau international als heritage anerkannt wird, ist mitunter nicht immer einfach nachzuvollziehen. Ein Grund hierfür sind die kulturellen Unterschiede in der Anerkennung und in dem Umgang mit dem, was als Kulturerbe bezeichnet wird. Als Orientierungshilfe dienen hier die verschiedenen Definitionen der UNESCO (United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization). In ihrem World Heritage Information Kit heißt es zunächst recht allgemein, aber dennoch treffend formuliert: „Heritage is our legacy from the past, what we live with today, and what we pass on to future generations“ (S. 5). Ein Blick in die verschiedenen Listen verrät dann genauer, was alles unter den Begriff heritage fällt. Es wird beispielsweise zwischen materiellem und immateriellem Kulturerbe unterschieden oder zwischen Kultur- und Naturerbe. Dann gibt es das Dokumentenerbe und das Kulturerbe unter Wasser. Aber die wohl bekannteste Liste der UNESCO ist die der Weltkulturerbestätten, und besonders hier werden auch sogenannte Dark Heritage Sites geführt.

Foto: Milena Iciek

Dark Heritage Sites
Bei der Ernennung zum Welterbe überprüft die UNESCO Kommission, welche von den insgesamt zehn Kriterien von der nominierten Stätte erfüllt werden. Eine Besonderheit von Dark Heritage Sites ist hier, dass sie nur unter dem Kriterium VI gelistet werden: „to be directly or tangibly associated with events or living traditions, with ideas, or with beliefs, with artistic and literary works of outstanding universal significance.“ Wie diese Formulierung erahnen lässt, werden Orte als Dark Heritage Sites beschrieben, wenn sie in Verbindung mit Ereignissen stehen, in diesem Fall sind es häufig Kriege, Konflikte und andere, heute als negativ bewertete historische Ereignisse. Auschwitz-Birkenau ist ein sehr bekanntes Beispiel für eine Dark Heritage Site. Nicht weniger bekannt ist das Friedensdenkmal in Hiroshima, auch Genbaku Dome genannt. Die Auseinandersetzung mit dem gesellschaftlichen und vor allem auch politischen Umgang mit der durchaus schwierigen Vergangenheit ist ein Thema, womit sich die Dark Heritage Studies beschäftigen. Spannend ist z.B. zu untersuchen, wie die geschichtlichen Ereignisse in den öffentlichen Museen vor Ort repräsentiert werden und dann natürlich auch herauszuarbeiten, zu welchem Zweck bzw. mit welcher Absicht dies geschieht. Auch ein kritischer Blick auf die mediale Rezeption ist gerade in unserem Zeitalter der Massenmedien spannend. Fragen wie: „Was wird berichtet? Wer berichtet? Was wird ausgelassen? Welchen Effekt hat das Berichtete? etc.“ können zu kontroversen Ergebnissen führen. Am 27. Januar bietet sich hierfür am „Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust“ wieder eine solche Gelegenheit.

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Tagungsbericht: Outcasts in der Edo-Zeit – eine Definitionssache

Das diesjährige Symposium der Japanologie Köln fand unter dem Titel „Im Schatten der Gesellschaft, im Zentrum der Kultur? – Zu Bedeutung und Einfluss der Outcasts auf das Leben der Edo-Zeit“ am 18. und 19. November 2017 statt. Die Fragestellung nach dem kulturellen und gesellschaftlichen Beitrag der Outcasts hatte zum Ziel, die angebliche Peripherie der Edo-Gesellschaft in ihren unterschiedlichen Facetten zu betrachten und nach Möglichkeit eine Gesamtschau dieser Gruppe zu bieten. Dazu konnten zahlreiche ExpertInnen gewonnen werden, einen Vortrag in Köln zu halten.

Bereits am ersten Tag des Symposiums stellte sich heraus, dass die Definition der „Outcasts“ alles andere als einfach ist. Weder sind die stigmatisierten Gruppen der eta und hinin in sich homogen, noch sind alle ihre Mitglieder zwingend arm oder gesellschaftlich abgehängt. Vielmehr zeugen die externen und internen Reglementierungen davon, dass sie einen wichtigen Anteil im Gesellschaftsgefüge der Edo-Zeit eingenommen haben mussten.

Edo kiriezu, 1851

Zudem zeigte sich, dass es noch andere Gruppen gab, die als Outcasts bezeichnet werden können und weder zu den hinin noch zu den eta gehörten, z.B. die Bergleute, Wohnsitzlose oder Strafgefangene. Auch sie waren scheinbar an den Rand der Gesellschaft gedrängt, trugen aber auf ihre Weise zum wirtschaftlichen Wohlstand und zur Stabilität der Gesellschaft bei.

Während sich der erste Tag des Symposiums mehr der gesellschaftlichen Ordnung und Verortung der Outcasts widmete, stand der zweite Tag im Zeichen der Repräsentation der Outcasts auf Karten, Bildern, Theaterbühnen und schließlich auch auf Fotografien in der Meiji-Zeit. Hier wurde deutlich, dass die Outcasts keinesfalls eine ignorierte oder stigmatisierte Minderheit waren – vielmehr weckten sie verschiedene Sehnsüchte bei den Betrachtern, sei es aus gruseligem Voyeurismus, heldenhafter Verehrung oder einfach nur sinnlicher Begierde.

Und wozu war das nun gut? Das Zusammenkommen von ExpertInnen mit den unterschiedlichsten Fachgebieten ermöglichte erstmals eine kritische Bestandsaufnahme der bestehenden Forschung und eine Neuperspektivierung durch den transdisziplinären Austausch. So waren neben den Vorträgen vor allem die Gespräche während der Diskussionsrunden und in den Pausen geprägt von der Erkenntnis, dass es zwischen den einzelnen Gruppen weit mehr Überschneidungen und Verbindungen gab, als bislang angenommen.

Ein komplexes, ausdifferenziertes Beziehungsnetz wurde in Umrissen sichtbar, das längst nicht nur die Ränder, sondern weite Teile des edo-zeitlichen Gesellschaftsgefüges erfasste und nachhaltig prägte. Aber wie eine Vortragende treffend sagte: Es gibt noch viel zu lernen und genauer zu erforschen, um die verschiedenen Gruppen in ihrer Komplexität zu erfassen, ihre Charakteristika zu beschreiben und letztendlich zu einer genaueren Definition der „Outcasts in der Edo-Zeit“ zu gelangen. Ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung ist auf jeden Fall mit dem Symposium gemacht worden.

 

Das vollständige Programm kann auf der Homepage der Japanologie Köln eingesehen werden.

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Studium in Japan

Wenn man Japanologie bzw. Japanisch studiert, dann gehört auch ein einjähriger Aufenthalt an einer japanischen Universität dazu. Da die Studiengebühren in Japan erheblich teurer sind als in Deutschland, hat die Universität zu Köln Partnerschaftsverträge mit 17 (!) japanischen Hochschulen abgeschlossen. Kölner Studierende haben so die Möglichkeit, aus einer breiten Angebotspalette ihren Studienort in Japan zu wählen. Aber wer die Wahl hat, hat die Qual. Damit die Bewerbung möglichst passgenau erfolgen kann, ist eine entsprechende Vorbereitung und Beratung notwendig.

© Brit Sperber-Fels

Auch in diesem Jahr findet deshalb wieder eine zweiteilige Infoveranstaltung statt. Den Auftakt bildete am 22. November 2017 eine Präsentation von Frau Sperber-Fels vom International Office der Universität zu Köln. Frau Sperber-Fels ist auch diejenige Ansprechpartnerin, die die Studierenden durch den ganzen Bewerbungsprozess begleitet und ihnen mit Rat und Tat zur Seite steht. Die Präsentation veranschaulichte die  Bewerbungsmöglichkeiten, den Ablauf der Bewerbung und die damit verbundenen Fristen. Sie stellte auch eine Vielzahl von Möglichkeiten vor, wie Studierende den Aufenthalt finanzieren können, denn nicht nur die Studiengebühren sind in Japan teuer.

Im Anschluss daran berichteten drei Studierende von ihren kürzlich beendeten Aufenthalten in Japan. Die Studienorte (Kyôto University of Foreign Studies in Kyôto, Seinan Gakuin University in Fukuoka, Waseda University in Tôkyô) zeigten sowohl die regionale Vielfalt der Partnerschaftsuniversitäten als auch die unterschiedliche Angebotsbreite sehr deutlich. Von allen drei Studierenden wurde zwar abschließend betont, dass einige der gemachten Erfahrungen an den Universitäten durchaus von Person zu Person variieren können, je nachdem wie die jeweiligen Erwartungen, Vorkenntnisse oder Studienfachkombinationen aussehen. Nichtsdestotrotz vermitteln die Erfahrungsberichte wichtige Einblicke, die den neuen Bewerber*innen eine Orientierung für die richtige Wahl der Partneruniversität bieten.

Der zweite Teil der Veranstaltung findet am Mittwoch, dem 6. Dezember 2017, ab 18 Uhr im OAS statt. Studierende erhalten dann die Möglichkeit, sich auf die Erstellung ihrer Projektskizze unter Anleitung ihrer Professor*innen vorzubereiten. Interessierte Studierende, die sich im kommenden Durchlauf bewerben wollen, sind herzlich zu dieser Veranstaltung eingeladen.

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Tagungsbericht – Eine Begegnung der anderen Art: 3/11 im Zeichen des Nichibunken

Vom 9. bis 11. November 2017 fand in Leipzig das Symposium „Japanese Studies after 3/11“ statt. 3/11, auf Japanisch san-ichi-ichi, verweist hierbei auf die sog. Dreifachkatastrophe vom 11.3.2011. Bei dieser wurden durch ein Erdbeben der Stärke 9.0, einen Tsunami und eine Kernschmelze im Kernkraftwerk Fukushima Daiichi weite Teile Nordostjapans zerstört und auf unabsehbare Zeit unbewohnbar gemacht. 3/11 stellte sicherlich die bislang größte Katastrophe der japanischen Nachkriegszeit dar. Über das Ausmaß der Schäden wurde in internationalen Medien ausführlich berichtet, und eine kritische Neubewertung der Atomenergie war – zumindest in Deutschland – die Folge davon.

Die soziale Tragweite dieser Katastrophe wirft die überaus berechtigte Frage auf, inwieweit auch die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem modernen Japan durch dieses einschneidende „Ereignis“ geprägt oder verändert wurde. In diesem Sinne thematisierte das Symposium ein äußerst aktuelles Problem für die japanbezogene Forschung. Überraschend war jedoch einer der beiden Ausrichter. Die Japanologie der Universität Leipzig hat zweifelsohne eine Vorreiterrolle in der Forschung zu 3/11 inne (vgl. die sog. Fukushima-Textinitiative mit den Universitäten Frankfurt a.M. und Zürich ).

Blick in den Tagungsraum der Bibliotheca Albertina
© Tsuboi Hideto

Der Mitveranstalter des Symposiums, das International Research Center for Japanese Studies (Kokusai Nihon bunka kenkyû sentâ), kurz Nichibunken, hingegen ist überraschend. Handelt es sich doch hierbei um ein 1987 unter der Schirmherrschaft des damaligen Premierministers Nakasone Yasuhiro gegründetes Forschungsinstitut am Rande der Stadt Kyôto, das aufgrund seiner national-konservativen Forschungsausrichtung stets in der Kritik stand und steht – und das im In- und Ausland. Dass sich das Nichibunken zur Feier seines 30-jährigen Bestehens ausgerechnet diesem kontroversen Thema widmen wollte, konnte jedenfalls als eine Art Zeichen der Neuorientierung gedeutet werden.

Das Symposium war mit TeilnehmerInnen aus Japan, Kanada, Frankreich, Schweiz und Deutschland etc. sehr international besetzt. Und das Programm versprach einiges – nicht zuletzt durch den Festvortrag des japanischen Philosophen Karatani Kôjin sowie durch die Filmvorführung von Nuclear Nation und das Zwiegespräch mit dem Filmemacher Funahashi Atsushi.

Festvortrag von Karatani Kôjin, moderiert von Steffi Richter
© Tsuboi Hideto

Doch wie meist bei hochgesteckten Zielen, bleiben die Ergebnisse – leider – oft weit hinter den Erwartungen zurück. Das Symposium verdeutlichte nämlich, wie schwierig es für das Nichibunken immer noch ist, sich 3/11 wissenschaftskritisch zu stellen. So blieb es bei einer Art Bestandsaufnahme. Nur kurz flackerten zentrale Fragen und Aspekte um 3/11 als „Ereignis“ auf. Der schmerzvolle Schritt, sich diesen dann auch in den Diskussionsrunden zu stellen, wurde leider nicht gegangen.

Gruppenfoto der TeilnehmerInnen
© Tsuboi Hideto

So bleibt nach drei Tagen zumindest die Hoffnung, dass die Tagung als Initialzünder für neue, institutionsungebundene Forschungsallianzen dienen konnte, denn die Frage „Japanese Studies after 3/11“ darf eigentlich nicht bis zum nächsten runden Jubiläum des Nichibunken warten.

Für das Nichibunken war das Symposium sicherlich eine gute und wichtige Erfahrung. Es diente dazu, über Fragen der eigenen gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Relevanz für die nächste Dekade Forschungsaktivität im In- und Ausland gründlich nachzudenken und in den kritischen Dialog mit anderen Forschern zu treten. Und das kann dann doch wieder in gewisser Weise als ein großer Erfolg des Symposiums gewertet werden – oder?

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Räucherwerk in Japan

Räucherwerk kam wahrscheinlich zusammen mit dem Buddhismus im 6. Jahrhundert nach Japan, genauso wie das Blumenstecken. Doch schon bald wurde Räucherwerk nicht nur im religiösen Bereich zur Kommunikation mit dem Numinosen benutzt, sondern erfreute sich besonderer Beliebtheit beim Hofadel zur Beduftung von Räumen und Kleidern. Im Shôsôin in Nara, der Schatzkammer von Kaiser Shômu (701-56), befinden sich neben buddhistischen Räuchergefäßen auch solche für den alltäglichen Gebrauch. Abbildung 1 zeigt ein solches Gefäß aus Silber. Im Inneren sind Gelenke angebracht, welche die Pfanne mit dem Räucherwerk in der Horizontalen halten, selbst wenn das Gefäß umfällt.

Silbernes Räuchergefäß im Shôsôin (Nara-Zeit). Foto: Imperial Agency, Shosoin Collection, Nara

Duft für Kleider und Räume

Das Beräuchern von Kleidern war besonders in der Heian-Zeit (794-1185) von Bedeutung, als individuelle Düfte kreiert wurden, die den Träger unverwechselbar identifizierten. Selbst wenn dieser den Raum verlassen hatte, blieb der individuelle Duft noch einige Zeit dort zurück. Das hierzu verwendete Räucherwerk bestand aus verschiedenen Zutaten, die mit dem Fruchtfleisch von Pflaumen, Muschelkalk und Kohlestaub vermischt und haltbar gemacht wurden. Die so entstandenen schwarzen Kugeln, nerikô 練香 genannt, wurden in einem Gefäß erhitzt, das man unter ein Kleidergestell legte.

nerikô. Foto: Chantal Weber

Duftwettbewerbe

Im Genji monogatari beschreibt Murasaki Shikibu (ca. 973-ca. 1014) einen Duftwettbewerb (takimonoawase 薫物合わせ), bei dem Prinz Genji und andere Teilnehmer Düfte in Form von nerikô kreieren; das Räucherwerk wird verglichen, und anschließend bestimmt ein Schiedsrichter einen Sieger. Diese Duftwettbewerbe standen in der Tradition der monoawase 物合わせ (Vergleichen von Dingen), dessen berühmteste Form das utaawase 歌合わせ (Gedichtwettstreit) ist.

Das Räucherwerk bestand aus verschiedenen Zutaten wie z.B. Nelken, Zimt, Moschus oder Sandelholz. Ein fester Bestandteil war jedoch immer das sogenannte Adler- oder Aloeholz, auf Japanisch jinkô 沈香 (wörtl.: sinkendes Holz).

Zutaten für Räucherwerk. Foto: Chantal Weber

Jinkô – das sinkende Holz

Dieses Holz, welches bereits im Nihon shoki (720) erwähnt wird, ist im Grund ein Harz, welches entsteht, wenn der Adlerholzbaum mit einem Pilz oder Bakterium infiziert wurde. Das Harz bildet sich im Inneren des Baumes und verholzt anschließend. Da es von außen nicht sichtbar ist, wurden viele Bäume auf Verdacht gefällt. Der Adlerholzbaum ist heute daher vom Aussterben bedroht. Die Bäume kommen in Japan nicht vor, so dass jinkô bis heute eine Importware aus Ländern wie Vietnam, Sri Lanka oder Indonesien bleibt.

Im Laufe der Kamakura-Zeit (1185-1333) trat das Beräuchern von Kleidern und Räumen in den Hintergrund und der Genuss von jinkô als einzige Zutat gelangte in den Fokus. Dabei ging es nicht mehr darum, einen persönlichen Duft zu kreieren, sondern das jinkô als eigenständigen Duft zu genießen. Das sogenannte ichibokudaki 一木炷 wurde durch eine technische Errungenschaft möglich: die Entwicklung von Glimmerplättchen in China, das gin’yô 銀葉. Glimmer ist ein natürliches Mineral, welches ähnlich wie Schiefer in dünne Platten gespalten werden kann – und es ist hitzebeständig. Man legte das gin’yô auf einen kleinen Aschehügel, in dessen Mitte sich ein glühendes Stück Kohle befand. So musste das Holz nicht verbrannt werden, sondern konnte durch Erwärmen seinen Duft preisgeben. Diese Methode wird bis heute im Duft-Weg, kôdô 香道, angewandt.

gin’yô mit jinkô. Foto: Chantal Weber

Takigumikô – „Kettendüfte“

Jedes Stück jinkô riecht anders! Selbst innerhalb eines Baumes können unterschiedliche Duftnoten auftreten. Die Kunst bestand nun darin, die verschiedenen Düfte zu unterscheiden. In der Muromachi-Zeit (1336-1573) erfolgte die Katalogisierung von jinkô-Stücken und ihre Benennung mit teilweise sehr sprechenden oder poetischen Namen. Daraus entwickelten sich dann eigene Spiele, deren Kunst darin bestand, die Hölzer zu vergleichen und ihre Namen zu erraten. Vor dem Hintergrund der Kettendichtung renga 連歌, welche sich in dieser Zeit ebenfalls großer Beliebtheit erfreute, wurden diese Spiele noch weitergetrieben: Die Namen wurden wie beim renga in Beziehung gesetzt – wurde zunächst ein Holz mit dem Namen „Kumoi 雲居“ (Wolkiger Himmel) verwendet, folgte anschließend ein Holz mit dem Namen „Tsuki 月“ (Mond) usw.

Etwas später, in der Sengoku-Zeit (1467-1568), entwickelte sich das kôawase 香合わせ, bei dem qualitativ wertvolle Hölzer von mehreren Teilnehmern verglichen und genossen wurden. Hier wurde die Tradition des takimonoawase bzw. monoawase wieder aufgegriffen.

„Kôdô –  Der Weg des Dufts“ folgt im Dezember.

 

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