Japan und Japanisch kennen lernen an der KölnerKinderUni

Seit etwa 20 Jahren bietet die KölnerKinderUni als Kooperationsprojekt der Kölner Wissenschaftsrunde kostenfreie wissenschaftsorientierte Veranstaltungen an, bei denen Kinder von der dritten bis zur sechsten Klasse praxisnah einen Einblick in die Arbeit der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an Kölns Universitäten bekommen können. In diesem Jahr haben zwei unserer Lehramtsstudierenden in Zusammenarbeit mit dem Japanischen Kulturinstitut (JKI) einen Workshop zum Thema des jahreszeitlich bestimmten Essens gestaltet, um so die teilnehmenden Kinder an die japanische Sprache und Kultur heranzuführen.

Aus der Idee heraus, dass eine gewisse Aufmerksamkeit der Natur gegenüber in Japan besonders verankert ist und sich weit mehr als in Deutschland im Essen widerspiegelt, entstand das Konzept der diesjährigen KinderUni-Veranstaltung „Japan und Japanisch kennen lernen“.

Zwar gibt es natürlich auch bei uns saisonales Essen, wie z. B. Spargel oder Erdbeeren, die den Frühling einläuten, doch hat die jahreszeitliche Ausrichtung in Japan einen anderen Stellenwert und bestimmt den Alltag viel stärker mit. Um einige der für die japanischen Jahreszeiten typischen Speisen kennen zu lernen, wurden die Kinder in vier Gruppen aufgeteilt und lasen zunächst einmal kleine Texte dazu. Zu manchen der Gerichte gab es auch Videomaterial. Unter Anleitung von Katharina Dudzus (JKI) sowie Sarah Berg, Ella Zacharias und Monika Unkel (Japanologie Köln) ordneten die Kinder dann den Fotos von
Nahrungsmitteln die japanischen Begriffe zu und lernten so nicht nur etwas Japanisch, sondern gewannen durch die Videos und Beschreibungen auch gleich noch einiges an Hintergrundwissen rund um die Zubereitung und Bedeutung der verschiedenen Speisen. Aufgrund der Erklärungen und des visuellen Inputs fiel es den Kindern relativ leicht, auch unbekannte Gerichte oder Zutaten wie Shabu-shabu しゃぶしゃぶ (eine Art Feuertopf),
Nabe 鍋 (Eintopf), Hanami-dango 花見団子(dreifarbige Reisbällchen zur Kirschblüte) oder Lotuswurzeln und Bambus richtig zuzuordnen.

Dank unterschiedlicher Klimazonen und ausgeprägter Jahreszeiten wächst und gedeiht in Japan eine Vielzahl von Lebensmitteln und auch die typischen fermentierten Würzpasten und -saucen wie Miso und Sojasauce konnten sich hier insbesondere dank der hohen Luftfeuchtigkeit gut entwickeln. 2013 hat die UNESCO das traditionelle japanische Essen – washoku 和食 – in ihre Liste immaterieller Kulturgüter aufgenommen. Zwar wird in der Beschreibung der UNESCO ein besonderes Augenmerk auf die Neujahrstradition gelegt, doch wird hier auch ganz allgemein ein besonderer Respekt für die Natur und der damit verbundene nachhaltige Einsatz von Ressourcen hervorgehoben. Das Konzept von shun 旬, der jeweiligen Hochsaison, spielt in Japan eine prägnante Rolle, da das Essen den Wandel der Jahreszeiten abbilden und spürbar machen soll. Die Saison wird dabei von hashiri 走り eingeleitet, wenn die Vorfreude überwiegt, weil z. B. die ersten japanischen Erdbeeren in den Geschäften auftauchen und die erste Ernte gekostet werden kann. Zwar sind diese vermutlich noch etwas zu unreif, doch versprechen sie bereits den Genuss von shun und erinnern an das letzte Jahr. Während der nun folgenden Hochsaison eines jeden Nahrungsmittels erreichen Geschmack, Konsistenz und Nährwerte dann ihren Gipfel, auf den mit nagori 名残 schließlich eine gewisse Wehmut folgt, wenn die Saison sich ihrem Ende zuneigt und nur noch ein paar letzte Exemplare zu finden sind, die uns, wenn auch bereits etwas überreif, doch noch ein letztes Mal die Speisen der Saison genießen lassen. In dieser Art werden Zutaten wie Gemüse, Obst und Meeresfrüchte, aber auch die daraus entstehenden Gerichte jedes Jahr aufs Neue willkommen geheißen und zelebriert. Jede Phase innerhalb einer Saison bringt neue Gerichte mit sich, die die feinen Unterschiede in Geschmack, Konsistenz und Nährwert der Lebensmittel, die sich im Verlauf ihrer jeweiligen Ernte- oder Fangzeit ergeben, in den Fokus rücken und für sich selbst sprechen lassen. Das besondere Gefühl für die Jahreszeiten (kisetsukan 季節感) steht dabei im Vordergrund und soll nicht nur von den Gerichten selbst, sondern auch der Art der Zubereitung und Präsentation unterstützt werden, die mit den jahreszeitlichen Gerichten harmonieren und diese optisch und haptisch unterstreichen. Im Sommer kommen so z. B häufig gläserne Schalen zum Einsatz, die selbst Kühle und Frische ausstrahlen, und wie von den Kindern ganz richtig erkannt, finden wir im Winter Nabe und Shabu-shabu, die für Behaglichkeit und Wärme sorgen.

Wie eingangs erwähnt, sind saisonales Essen und die Freude über besonders schmackhafte Kürbisse, Tomaten oder Maronen per se nichts Ungewöhnliches. Dennoch ist diese Vorfreude in der japanischen Kultur vielleicht ein wenig tiefer eingebettet, sie ist Teil des Alltags und bestimmt diesen mit. Shun ist allgegenwärtig und man gewinnt leicht den Eindruck, dass alles danach ausgerichtet ist – der Anblick einer Stadt wie Kyôto, die zur Zeit der Kirschblüte gänzlich in verschiedenen Nuancen von Rosa erstrahlt, wenn Ladenfronten, Supermarktregale, Snacks, Getränke und traditionelle Speisen mit den vergänglichen Schönheiten wetteifern, ist genauso unvergesslich wie das erste Hanami-dango.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Bericht, Japanisch auf Lehramt, Projekte veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.