Am 16. Mai ging es für die Studenten zweier Kurse sowie mehrere Mitarbeiter der Japanologie in die Ausstellung „Das gedruckte Bild – Die Blüte der japanischen Holzschnittkultur“ im Museum für Ostasiatische Kunst in Köln. Die vom 1. März bis zum 30. September andauernde und von Prof. Dr. Matthi Forrer kuratierte Sonderausstellung umfasst Werke aus der Sammlung der Farbholzschnitte und Bücher des Museums, die nach über 100 Jahren zum ersten Mal großflächig gesichtet und als Ausstellung aufbereitet wurden. Wir erhielten an jenem Tag eine Führung von Frau Dr. Shôno-Sladek, die uns mit hoher Kompetenz und spürbarer, großer Leidenschaft durch das Museum führte.
Zu Beginn standen dabei einige Werke stellvertretend für den japanischen Farbholzdruck an sich. Frau Dr. Shôno-Sladek erklärte uns, dass der Farbholzdruck in der Edo-Zeit (1603-1868) das verbreitetste und beliebteste darstellende Medium war. Angefangen bei Alltagsszenen ging es im ersten Bereich über einfache Straßenbilder bis hin zu Teehaus-Szenen, die auf den bunten Drucken abgebildet waren. Besonders die Szenen aus den Teehäusern, die berühmte Geishas sowie Maikos, also werdende Geishas, zeigten, waren von großem Interesse. Auf ihnen ließ sich gut beobachten, wie es schon mehrere Jahrhunderte zuvor Starkult und Verehrung in Japan gegeben hatte.
Ebenfalls sehr beeindruckend war der kleine Exkurs in die Technik des Farbholzdruckes. Anhand originaler Druckstöcke wurde deutlich, wie viele Personen beteiligt waren und wie viel Arbeit in einem Druck steckte. So war es nicht nur ein einfacher Drucker, sondern vielmehr eine Zusammenarbeit aus Druckstock-Schnitzer, Drucker, Verleger und den Herstellern des Papiers und der Farbe, die ihren Anteil am Farbholzdruck-Handwerk leisteten. Auch die technischen Instrumente zur Vergrößerung, die vor allem aus Europa nach Japan gekommen waren, und die Verwendung dieser für die Betrachtung der Drucke ließen sich in der Ausstellung praktisch erproben und erleben.
In weiteren Räumen waren es neben den Darstellungen aus der sehr vielfältigen japanischen Geister- und Seelenwelt einfachere Ausstellungsstücke wie Kalenderdrucke und illustrierte Belletristik, aber auch Werke von weithin bekannten Künstlern wie Hokusai (1760-1849) und Hiroshige (1797-1858), die „im Original“ gezeigt wurden. Besonderes Interesse fand auch die Erklärung Frau Dr. Shôno-Sladeks, dass oftmals nach dem „Original“ der berühmten Werke gefragt werde. Da es sich jedoch um Drucke handelt, gebe es nicht das eine Original, sondern viele verschiedene Drucke mit mitunter mehreren Auflagen. Mit dieser Idee von „Originalen“ im Kopf konnten wir dann auch „Die große Welle vor Kanagawa“ von Hokusai in einer Version betrachten.
Zuletzt richtete die Ausstellung, deren Schwerpunkt auf Drucken der Edo-Zeit liegt, einen Blick in die Meiji-Zeit (1868-1912) und darüber hinaus. Die im 19. Jahrhundert aufkommenden Techniken ließen die Farbholzdrucke zwar immer weiter verschwinden, doch ging dies nicht abrupt, sondern in langsamen Schritten, sodass noch im sino-japanischen Krieg (1894/95) und auch im russisch-japanischen Krieg (1904/05) Kriegsdarstellungen als Farbholzdrucke angefertigt wurden. Erst mit dem beginnenden 20. Jahrhundert verdrängten andere Darstellungsformen wie die Lithographie oder die Fotografie den Farbholzdruck.
Unbeliebt oder gar vergessen wurde der edozeitliche Farbholzdruck jedoch nicht. Er war maßgeblicher Auslöser des Japonismus in Europa und wurde von weltbekannten, europäischen Malern wie z.B. van Gogh (1853-1890) rezipiert. Bis heute stellen die Drucke aus jener Zeit ein bedeutendes Gebiet in den Kunstsammlungen der Welt dar, und mit der beeindruckenden Sammlung und Ausstellung des Museums für Ostasiatische Kunst in Köln konnten wir einen Eindruck dieser faszinierenden Welt gewinnen.
(Dieser Beitrag wurde von Felix M. Krause, Student im Master Japan-Studien, verfasst.)