In jedem Studienjahr wird an diejenigen Lehrenden mit den besten Evaluierungs-ergebnissen der Lehrpreis der Philosophischen Fakultät verliehen. Im Dezember 2022 ging eine der beiden Ehrungen im Rahmen einer Lehrevaluation, die im WS 2021/22 und SoSe 22 an zwölf Instituten der Fakultät durchgeführt worden war, an Prof. Köhn. Die Evaluierung erfolgte inmitten der Corona-Pandemie, als der komplette Lehrbetrieb auf virtuellen Unterricht umgestellt werden musste – eine ganz besondere Herausforderung für alle Lehrenden. Wir haben daher die Ehrung zum Anlass genommen, mit Prof. Köhn über die Evaluierung und seine ganz persönlichen Erfahrungen aus der Onlinelehre in dieser schwierigen Zeit zu sprechen.
Prof. Köhn, zunächst einmal, wie läuft eine solche Lehrevaluation eigentlich ab und wie wirkt sich diese auf Ihre Lehre und das Angebot am Institut aus?
Prof. Köhn: Für die Evaluierung werden den Studierenden über Ilias eine Fülle an Fragen zu Unterrichtsaufbau und -konzept, der Performance der Dozierenden, Fachwissen, Vorbereitung etc. gestellt, woraus sich die einzelnen Punkte des Evaluierungsergebnisses schließlich addieren.
Natürlich hat die Evaluierung bis zu einem gewissen Grad Einfluss auf die Gestaltung der Lehre – schließlich will man sich als Lehrender ja auch irgendwie verbessern. Auf den konkreten Inhalt der Veranstaltungen wirkt sich das aber weniger aus. Die Inhalte werden vor allem im Team abgestimmt und orientieren sich u. a. auch an den Bedürfnissen und Interessen der Studierenden. So können z. B. angeregte Diskussionen in einer Veranstaltung oder aber auch Interessensbekundungen im persönlichen Gespräch durchaus zur Entwicklung einer neuen Seminaridee beitragen, auf die man vielleicht von alleine gar nicht gekommen wäre. Was uns in der Japanologie dabei sicherlich auszeichnet, ist die Tatsache, dass wir uns in jedem Semester bemühen, neue Themen und Seminare anzubieten. Lehre macht mir – und natürlich auch dem Rest des Teams – einfach großen Spaß, und ich arbeite mich gerne in neue Themen ein, um mein Wissen stetig zu erweitern. Das ist schließlich der große Reiz an einem Lehrberuf! Aber das sei auch gesagt: Sich in ein neues Themenspektrum immer wieder neu einzulesen, ist auch ziemlich zeitintensiv und nervenaufreibend.
Wie nehmen die Studierenden die Evaluation auf?
Prof. Köhn: Das ist für uns Dozierende schwer nachzuvollziehen, zumal diesmal zwei Evaluierungen parallel abliefen. Das war für die Studierenden sicherlich eine große Zusatzbelastung, da sie sich gegen Ende des Semesters ohnehin in der Klausurphase befanden. Umso mehr habe ich mich daher über die rege Beteiligung und die gewissenhafte Beantwortung gefreut. Die Kommentare stellen ein wertvolles Feedback für mich dar. Die Evaluierung ist wie ein Spiegel. Man kann gut erkennen, ob man etwas ändern muss oder ob etwas gut ankommt. Man sieht, wo es Probleme gibt oder wo die Möglichkeit zur Selbstoptimierung besteht – die gibt es „leider“ immer. Und natürlich auch, ob das eigene positive Gefühl über den Verlauf der Veranstaltung auch von den Studierenden wirklich geteilt wird. Selbstverständlich freut man sich über eine hohe Punktzahl (auch wenn man das nicht laut sagen darf …笑), aber man möchte auch konkret wissen, welchen Teil die Studierenden gut fanden oder was besonders hilfreich für die eigene Wissenserweiterung war. Inwieweit die Studierenden die Evaluierung allerdings als Mittel zur Kommunikation mit mir bzw. uns bewusst genutzt haben, ist für mich schwer einzuschätzen. Das müsste ich bei Gelegenheit einmal nachfragen.
Die Evaluation fand in einer besonders schwierigen Phase statt. Wie war für die Lehrenden die Umstellung auf den reinen Onlineunterricht und mit welchen Schwierigkeiten sahen Sie sich dabei konfrontiert?
Prof. Köhn: Wir mussten damals alle ad hoc in die Onlinelehre einsteigen. Die Universität hat in unglaublich kurzer Zeit Zoom-Lizenzen bereitgestellt, was eine große Hilfe war. Allerdings hätten wir uns im Anschluss mehr Support und Unterstützungsangebote gewünscht. Denn letztlich mussten wir uns alles in Anbetracht der kurzen Vorlaufzeit selbst erarbeiten und aneignen. Einführungsseminare wurden damals einfach zu spät angeboten. Zu dem Zeitpunkt hatten wir uns dann schon selbst mit den wichtigsten Funktionen vertraut gemacht. Von außen mag es vielleicht so wirken, als sei der Umstieg von Präsenz- auf Onlinelehre kein großes Ding. Also einfach nur eine Verlagerung aus dem realen Seminarraum in die virtuelle Zoom-Umgebung gewesen. Dabei werden die neuen Anforderungen, die das an die Lehrenden stellt, nur allzu gerne unterschätzt. Denn die Vorbereitung eines Zoom-Unterrichts kostet wesentlich mehr Zeit, weil eine größere und genauere Planung im Vorfeld notwendig ist. Das ist ein Mehraufwand, der in der Regel nicht gesehen wurde.
Wie gingen Sie mit diesen schwierigen Anforderungen um?
Prof. Köhn: Wir haben uns letztlich in Windeseile alle nötigen Skills selbst angeeignet und in regelmäßigen Teamsitzungen darüber ausgetauscht. Es herrschte viel Gesprächsbedarf – und natürlich auch Frustration. Es war eine große Herausforderung, mit den Sorgen der Studierenden umzugehen, aber auch mit unseren eigenen. Plötzlich musste alles über Zoom laufen: Unterricht, Teamsitzungen, Sprechstunden etc. Das alles erforderte einen hohen persönlichen Einsatz zusätzlich zu der bereits vorhanden Mehrbelastung aufgrund der allgemeinen Personalknappheit in unserer Abteilung. Leider gab es hier keinen entsprechenden Support von Seiten der Universität, alles war das reinste Trial-and-Error für uns. Als Lehrender fühlte man sich im wahrsten Sinne des Wortes im Regen stehengelassen. Dass das Prorektorat für Lehre in all der Zeit keinerlei Strategien zur Unterstützung der digitalen Lehre für uns Lehrende entwickelt hatte, war schon irgendwie ziemlich frustrierend.
Wie gestaltete sich der Übergang in die Präsenzlehre im Frühjahr und welche Lehren für die Zukunft wurden aus dieser schwierigen Phase und den Erfahrungen aus der Onlinelehre mitgenommen?
Prof. Köhn: Auch das geschah sehr abrupt und ohne klare Angaben, wie z. B. der konkrete Umgang mit dem Thema Maskentragen im Unterricht oder eventuellen Fehlzeiten durch Corona-Infektionen erfolgen soll. Ich hätte mir gewünscht, dass die Universität hier Führungsstärke zeigt, doch stattdessen wurde an die Selbstverantwortung appelliert, sodass klare Regeln von Seiten der Dozierenden ausgearbeitet und ausgehandelt werden mussten. Tatsächlich hat man das Gefühl, als hätte die Universität nichts aus dieser Zeit mitgenommen und wäre erst seit Kurzem mit der Corona-Pandemie konfrontiert. Es wurde zwar zu Beginn des Sommersemesters von uns erwartet, bei Bedarf Lehrveranstaltungen hybrid anzubieten, doch konnte niemand sagen, wie das funktionieren soll. Denn es gab keine richtigen strukturellen Maßnahmen, die hier Unterstützung hätten bieten können. Die Zahl von Unterrichtsräumen, die einen Hybridunterricht ermöglichen, ist immer noch sehr überschaubar. Und an das Abhalten von Hybridkonferenzen, inzwischen Standard in der Japanologie, ist erst gar nicht zu denken, da es keine geeigneten Räume in entsprechender Größe dafür gibt. Hier ist leider – zumindest in meinen Augen – die Zeit regelrecht verschlafen worden. Ebenfalls kritisch sehe ich die derzeitige Abkehr vom Zoom-Unterricht, so als ob das einmal mühsam erarbeitete Know-how nie wieder mehr gebraucht werden würde – was natürlich schön wäre, aber sicherlich nicht der Realität entspricht. Ich vermisse hier eine klare Vision aus dem Rektorat, wo die Reise in puncto Lehre längerfristig hingehen soll. Gerade für die allseits angestrebte Internationalisierung haben uns die Erfahrungen mit Zoom neue Wege in Lehre und Forschung gezeigt, vor denen man nicht die Augen verschließen sollte – zumindest wenn man mit anderen Universitäten konkurrenzfähig bleiben möchte.
Alles in allem stehe ich dem Lehrpreis daher eher mit gemischten Gefühlen gegenüber. Neben einer symbolischen Wertschätzung wünsche ich mir vor allem eine dauerhafte Unterstützung von Seiten der Universität, die mit entsprechenden infrastrukturellen Maßnahmen uns Lehrenden tatkräftig zur Seite steht. Denn schließlich kann man auch nur so gut in der Lehre sein, wie es die Rahmenbedingungen letztlich zulassen.