Insellage

Das Festival „Theaterformen“ findet vom 2. bis 12. Juli statt, online und live in Braunschweig

„No man is an island, entire of itself“, so beginnt ein vielfach zitiertes Gedicht des englischen Poeten John Donne. Unter dem Motto „A Sea of Islands“ zollt das Festival „Theaterformen“, das 2020 sein 30jähriges Bestehen feiert, mit seinem Programm keineswegs einer aktuell zunehmenden Vereinzelung Tribut, ganz im Gegenteil: Es betont die Vernetzung. Mit Produktionen von u.a. den Azoren, den Komoren, aus Sri Lanka und von den Färöer-Inseln rücken die vermeintlichen Peripherien ins Zentrum, die Zentren werden aufgelöst oder selbst zum Nebenschauplatz.

Für Festivalleiterin Martine Dennewald ist es die letzte Ausgabe von „Theaterformen“, die sie verantwortet. Ihr war es besonders wichtig, für die Künstler*innen eine verlässliche Partnerin zu bleiben – alle ausgesprochenen Einladungen blieben bestehen und die Künstler*innen darum gebeten, Formate zu erarbeiten, die auch unter den aktuellen Bedingungen gezeigt werden können. So entstanden Arbeiten, die die Zuschauer*innen nun auf unterschiedlichen Wegen ansprechen: Per Post erreichen Geschichten und Musik aus Kuba („Granma. Posaunen aus Havanna“; Rimini-Protokoll, Stefan Kaegi) oder Nachrichten von der durch Raubbau ökologisch wie ökonomisch zerstörten Insel Nauru („My Dear Prison Officer“; Silke Huysmans, Hannes Dereere, Negar Rezvani) das Publikum. Videoprojekte sind entstanden, die kostenfrei online für einen kurzen Zeitraum zur Verfügung stehen. Einzelne Performances finden für ein vereinzeltes Publikum auch vor Ort in Braunschweig statt. Und manche Begegnungen wurde erst möglich durch Corona: Selina Thomson bereiste 2017 die Schiffsroute des Sklavenhandels, die ihre Vorfahr*innen aus Ghana nach Jamaika und dann nach Großbritannien brachte. Statt ihre Performance zu zeigen, diskutiert die Künstlerin nun am 8. Juli mit Saidiya Hartman (Literaturwissenschaftlerin und Professorin an der Columbia University).

Begleitet wird das Programm durch die Gesprächsreihe „The One Thing That Helped“. Hier spricht Dennewald mit den Künstler*innen des Festivals über ihren Umgang mit der Pandemie und über das eine Ding, das ihnen über die vergangenen Corona-Monate in ihrer künstlerischen Arbeit geholfen hat.

„Theaterformen“ findet statt, anders, aber nicht weniger ambitioniert. Eine Kulturinsel, die besucht werden sollte.

https://www.theaterformen.de/de/programm

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