Kamishibai als Forschungsfeld in der Japanologie

Wenn von japanischer Populärkultur die Rede ist, denken viele sicher sofort an Manga und Anime. Manchmal lohnt sich jedoch auch ein Blick in die Vergangenheit. So ist Kamishibai ein nicht minder spannendes Forschungsfeld. Schließlich gehörte es seit seiner Entstehung Ende der 1920er Jahre bis zum Verlust seiner Anziehungskraft Anfang der 1960er Jahre zu einem der bedeutendsten Unterhaltungsmedien Japans. Doch was ist Kamishibai eigentlich?

Einfach gesagt, handelt es sich bei kamishibai 紙芝居 (Papiertheater) um eine künstlerische Darbietung, bei der von einem Vorführer unter Zuhilfenahme einer Reihe von Bildern, die nacheinander in einem zumeist tragbaren Schaukasten präsentiert werden, eine Geschichte erzählt wird.

Foto: Sonja Hülsebus

Die Vorläufer des Kamishibai sind in verschiedenen Jahrmarktsattraktionen der späten Edo- und frühen Meiji-Zeit (1868–1912) zu sehen. Beispielsweise in den Guckkästen (nozokikarakuri 覗絡繰), großformatigen Apparaturen, bei denen mehrere Zuschauer eine im Inneren ablaufende Geschichte durch an der Seite befindliche Gucklöcher verfolgen konnten. Oder in der japanischen Variante der Laterna Magica (utsushi-e 写し絵).

Da diese Attraktionen jedoch einen hohen Personal- und Materialaufwand erforderten und zudem großes Geschick für die Aufführung vonnöten war, entwickelte man gegen Ende der Taishō-Zeit (1912–1926) das heutige Kamishibai. Dieses konnte problemlos von einer Person aufgeführt werden. Bei der Herausbildung spielte übrigens insbesondere der Umstand eine Rolle, dass nach dem Kantō-Erdbeben (1923), der Shōwa-Finanzkriese (1927) und der Weltwirtschaftskrise (1929) viele Menschen arbeitslos geworden waren. Sie suchten nun eine einfache Verdienstmöglichkeit.

Das Kamishibai bot ihnen diese Verdienstmöglichkeit, vor allem, nachdem die Produktions- und Distributionsprozesse nach und nach standardisiert wurden. So mussten die Vorführer ihre Stücke nicht mehr selbst zeichnen, sondern konnten sich bei einem Händler gegen eine geringe Gebühr einen gedruckten Bildersatz ausleihen. Diesen transportierten sie zumeist auf einem Fahrrad durch die Stadt, wodurch das Stück an einem einzigen Tag an verschiedenen Orten zur Aufführung gebracht werden konnte. Ihr Geld verdienten sie dabei jedoch nicht mit der Vorführung, sondern mit Süßigkeiten, die sie im Vorfeld an das zumeist junge Publikum verkauften.

Diese Form des Kamishibai wird heutzutage allgemein als Straßen-Kamishibai (gaitō kamishibai 街頭紙芝居) bezeichnet. Zu Beginn wurden vor allem Fantasy- und Abenteuergeschichten gezeigt. Darüber hinaus gewann auch das erzieherische Kamishibai (kyōiku kamishibai 教育紙芝居), das zunächst im Unterricht an christlichen Sonntagsschulen als pädagogisches Lehrmittel zum Einsatz kam, stetig an Bedeutung. Je nach Quelle soll es im Jahr 1933 allein in Tōkyō rund 2.000 professionelle Vorführer gegeben haben, die für ein tägliches Publikum von bis zu 800.000 Kindern spielten.

Nach Ausbruch des Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieges (1937–1945) ereilte das Kamishibai ein ähnliches Schicksal wie viele andere Medien in dieser Zeit: es wurde für den Krieg instrumentalisiert. Zahlreiche patriotische Vereinigungen produzierten staatspolitische Kamishibai (kokusaku kamishibai 国策紙芝居), die Kinder wie Erwachsene gleichermaßen für den Krieg mobilisieren sollten. Darüber hinaus kamen auch Nachrichten-Kamishibai (nyūsu kamishibai ニュース紙芝居) zum Einsatz, die direkt von der Lage an der Front berichteten, jedoch ebenso propagandistischen Inhalts waren.

Seinen zweiten Höhepunkt erlebte das Kamishibai unmittelbar nach dem Ende des Krieges. Erst durch das „elektrische Kamishibai“ (denki kamishibai 電気紙芝居), wie der Fernseher zu Beginn genannt wurde, verlor es zusehends an Einfluss. Seit Mitte der 1960er Jahre ist es nur noch als Randphänomen auf Jahrmärkten oder in Kindergärten zu sehen ist. Neuerdings findet es jedoch auch hierzulande immer mehr Liebhaber, sodass man von einer internationalen Renaissance des japanischen Bildtheaters sprechen kann.

Recherche-Tipp
Dank der zunehmenden Digitalisierungsbestrebungen verschiedener Institutionen wird es darüber hinaus immer leichter, auch an das notwendige Quellenmaterial heranzukommen. So hat beispielsweise das Archiv der Universität Kanagawa einen großen Fundus an Kamishibai aus den Jahren von 1941 bis 1950 digitalisiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht:

http://kdarchive.kanagawa-u.ac.jp/archive/html/kngncm_col1.html

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Wasan oder ob man mit Kanji rechnen kann

Um es gleich vorweg zu sagen: Die japanischen Zahlen in Kanji (chinesische Schriftzeichen) eignen sich kaum zum Rechnen. Deshalb hat man in der Nara-Zeit (710-784) und Heian-Zeit (794-1185) bereits die sogenannten sangi (Rechenhölzchen) aus China eingeführt.

Rechenhölzchen – sangi 算木
In Japan benutzte man zum Rechnen mit sangi häufig ein Raster auf Papier, wo die Hölzchen in die entsprechenden Felder für Zehntausend, Tausend, Hundert, Zehn, Eins gelegt wurden; für die Null wurde dann eine Leerstelle belassen. Die vier Grundrechenarten ließen sich problemlos mit sangi meistern. Außerdem gab es Multiplikationstabellen, die zum Einsatz kamen.

Wenn man die Zahlen aufschreiben wollte, mußte man anfangs zwei Farben bereitstellen: Positive Zahlen wurden in Rot geschrieben und negative Zahlen in Schwarz. Da es jedoch kompliziert war, immer zwei Farben zur Hand zu haben, gab es auch die folgende Schreibweise, bei der für negative Zahlen ein Strich durchgezogen wurde. Die Null wurde später in China eingeführt und sicherlich auch nach Japan überliefert. So wurde die Zahl 231 wie folgt geschrieben  und -407 als  widergegeben.

Der japanische Abakus: soroban 算盤
Gerade für Händler waren die sangi jedoch unpraktisch. Sie benutzen daher einen Abakus, der ebenfalls aus China nach Japan kam. Im 17. Jahrhundert fand dann der japanische Abakus, soroban, der etwas anders als der chinesische gestaltet ist, auch in anderen Bevölkerungsschichten Verbreitung. Bis heute wird der soroban in Japan verwendet; es gibt sogar Wettbewerbe und eine offizielle Soroban-Gesellschaft. Eine einheitliche Form erhielt der soroban im Jahr 1920, davor benutzte man verschiedene Varianten.

Grundsätzlich hat der soroban zwei Teile, die durch einen Steg getrennt sind. Die Kugeln oberhalb des Stegs haben den Wert 5, während die 4 Kugeln unterhalb mit dem Wert 1 belegt sind. Mit einer Festlegung der Einheiten Einer, Zehner, Hunderter, Tausender etc. können mittels des soroban alle Grundrechenarten und auch das Wurzelziehen durchgeführt werden.

Wasan – japanische Mathematik
Erst mit der Edo-Zeit (1603-1868) jedoch entstand eine Abstraktion der Mathematik, die über die praktische Anwendung hinausging. Zahlreiche Rechenprobleme wurden in Publikationen veröffentlicht und so einem breiteren Publikum zugänglich gemacht. Die japanischen Mathematiker standen ihren europäischen Zeitgenossen wie Isaac Newton (1642–1736) oder Gottfried Leibnitz (1646–1716) in keiner Weise nach und befassten sich unter anderem mit der Berechnung von Flächen oder von π.

Verbreitung und Verschwinden des wasan 
Wasan erfuhr durch die Etablierung von privaten Schulen im ganzen Land große Verbreitung. Aber auch die Benutzung von ema-Votivtafeln, auf denen mathematische Probleme und Lösungen in Shintō-Schreinen und buddhistischen Tempeln präsentiert wurden, trugen dazu bei, dass wasan bald zum allgemeinen Wissensgut gehörte. Gleichzeitig erfreuten sich Bücher mit mathematischem Inhalt großer Beliebtheit in der Edo-Zeit, und das Lösen von mathematischen Problemen wurde für viele zu einem Hobby.

Mit der Einführung der westlichen Mathematik in der Meiji-Zeit (1868-1912) und vor allem der Einrichtung eines Mathematik-Unterrichts an Schulen nach westlichem Vorbild verschwand das wasan langsam aus der japanischen Gesellschaft.

Wer mehr erfahren möchte, ist herzlich zu einem Vortrag von Chantal Weber am 27.09.2017, 19 Uhr, im Haus der Geschichte in Bonn bei der Deutsch-Japanischen Gesellschaft Bonn eingeladen.

Literaturhinweise:
NATIONAL DIET LIBRARY: Japanese Mathematics in the Edo Period; abrufbar unter: http://www.ndl.go.jp/math/e/s1/1.html (letzter Zugriff am: 7.3.2017).

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Alles Kitty – oder was?

Japanische Character, also fiktionale Figuren mit extrem hohem Niedlichkeitsfaktor, sind in Deutschland vor allem durch Hello Kitty den meisten bekannt. Dieses kleine, emotionslos wirkende Mädchen in Katzengestalt ist inzwischen aus hiesigen Kaufhäusern, Schreibwarenläden oder 1-Euro-Shops nicht mehr wegzudenken. Derzeit sind geschätzte 50–60.000 Merchandising-Produkte im Kitty-Design weltweit in Umlauf, Tendenz steigend. Kitty-Produkte werden bei uns meist von jüngeren Schichten der Gesellschaft gekauft. D.h. der Erwerb eines Character ist als Teil der Populärkultur bei uns meist altersgebunden. Die wenigen Ausnahmen bestätigen die Regel.

In Japan ist natürlich die Produktpalette viel größer als bei uns, da auch die Käuferschichten viel weiter aufgefächert sind. Jährlich stattfindende landesweite Umfragen ergeben, dass von den befragten 3–69 Jährigen rund 80% einen oder mehrere Character besitzen. Bei den 50–59 Jährigen sind das im Mittelwert rund 73%, bei den 60–69 Jährigen immerhin noch 46%. D.h. der Character-Konsum ist in Japan ein Phänomen, das im Grunde genommen die ganze Gesellschaft erfasst hat. Dazu steht der deutsche Charakter-Markt im starken Kontrast, was an der vergleichsweise sehr geringen Zahl an japanischen Figuren zu beobachten ist, die ihren Weg über die Landesgrenzen hinaus geschafft haben.

Interessanterweise werden nicht nur kommerzielle, durchdesignte Character wie Hello Kitty (Sanrio), Miffy (Dick Bruna), Doraemon (Fujiko F. Fujio) oder Atomu (Tezuka Osamu) gekauft und gesammelt, sondern seit der Jahrtausendwende auch verstärkt sog. yuru-kyara, d.h. Character (kyara), die unperfekt (yurui) sind. Die sog. yuru-kaya werden in der Regel als Werbemittel für eine Stadt, Veranstaltung etc. von Bürgerinitiativen oder Genossenschaften in Auftrag gegeben. Und natürlich fehlt hier das in der Regel wichtigste: Geld. Dass diese Figuren oft aus der Not heraus von Laien entworfen werden, verleiht ihnen also diesen yurui-Charme. Und tatsächlich: die meist aus selbstgeschneiderten Ganzkörperplüschkostümen bestehenden Figuren wirken irgendwie recht unbeholfen, tollpatschig und vor allem anscheinend eines: extrem niedlich (kawaii) auf ihr Umfeld. Anders ist es gar nicht zu erklären, dass sich viele der yuru-kyara nach Ablauf der ursprünglichen Kampagne, für die sie eigentlich geschaffen wurden, verselbständigen konnten und über Jahre hinweg hohe Popularität genießen.

Als Beispiel sei hier die weiße Samuraiplüschkatze Hikonyan genannt. Hikonyan wurde 2006 anlässlich des 400-jährigen Bestehens des Schlosses in Hikone (Präfektur Shiga) geschaffen. Heute gibt es Hikonyan (wörtl. Hikone-Katze) immer noch, und zwar äußerst populär und erfolgreich. Bereits drei Jahre nach ihrer Erschaffung spülten Hikonyan-Produkte auf dem lokalen Markt umgerechnet 8,5 Mio. Euro in die Kassen, der gesamtwirtschaftliche Effekt wird sogar auf rund 245 Mio. Euro beziffert. Und der 2010 kreierte schwarze Plüschbär Kumamon, der den Tourismus in der Stadt Kumamoto in Kyûshû ankurbeln sollte, brachte es im ersten Jahr schon gleich auf 20 Mio. Umsatz und 2013 sogar zu einer Audienz beim japanischen Kaiserpaar, vor dem er im wahrsten Sinne des Wortes vorturnen durfte.

Inzwischen ist die Zahl an unperfekten Character bzw. Lokal-Character (gotôchi kyara), wie die Plüschfiguren auch genannt werden, unüberschaubar geworden. Jährlich werden sogar landesweite Grand Prix veranstaltet, die in regelrechten Massenaufläufen der begeisterten Fans enden. In fast allen öffentlichen Räumen sind Character inzwischen in Japan anzutreffen. Und dabei sind sie äußerst aktiv, d.h. sie haben ein richtiges Eigenleben. Sie geben Pressekonferenzen, unterhalten ihre eigenen Blogs, treten in Fernsehdramen auf, machen aktiv Wahlkampf … und sind aber vor allem immer eines: niedlich. Also, alles nur eine Frage der Zeit, bis auch bei uns perfekt unperfekte Character wie Hikonyan und Co. zu kaufen sind?

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Japanisch lernen und lehren leicht gemacht

Das Erlernen einer fremden Sprache ist ein sehr guter Weg, um Zugang zur entsprechenden Kultur zu erlangen. Reine Vokabel- und Grammatikkenntnisse reichen aber weder für den sprachlichen Kontakt mit Sprecherinnen einer anderen Sprache noch für das Verständnis einer anderen Kultur aus. Auch Fertigkeiten wie Hörverstehen und Sprechen bieten noch nicht die hinreichenden Voraussetzungen, um sich im fremden Kulturraum zurechtzufinden. Vielmehr müssen weitere Fähigkeiten erworben werden, die so genannten interkulturellen kommunikativen Kompetenzen. Gemeint sind damit Kenntnisse über Japan und Fähigkeiten wie Toleranz und Empathie, die helfen, auch Alltagssituationen im interkulturellen Kontakt zu meistern. Wie das Lehren und Lernen all dieser Fertigkeiten in Bezug auf die japanische Sprache im schulischen Unterricht erfolgreich gestaltet werden kann, damit befasst sich die Fachdidaktik Japanisch.

Studierende, die in Köln an den Übungen und Seminaren zur Fachdidaktik Japanisch teilnehmen, haben das Ziel, als LehrerIn tätig zu werden. Der Studiengang heißt im zweiten Studienabschnitt schließlich auch „Master of Education“. Dieser schließt an den Bachelor Japanisch an. So wurde die Einführung der gestuften Studiengänge, also von Bachelor und Master, in den Lehramtsstudiengängen realisiert.

Foto: Monika Unkel

Das Unterrichtsfach Japanisch kann man erst seit wenigen Jahren in Köln studieren, nämlich seit der Einrichtung der Junior-Professur für japanische Sprache und ihre Didaktik im Jahr 2012. Abgesehen von der Ruhr-Uni Bochum ist Köln derzeit der einzige Standort in Deutschland, an dem Japanisch auf Lehramt studiert werden kann. Doch wie sieht dieses Studium eigentlich aus?

Generell gilt, dass man erst nach dem Masterabschluss bereit für das Referendariat an einer Schule ist. Um den Master of Education anfangen zu können, muss aber zuerst das Bachelorstudium erfolgreich absolviert werden. Dabei ähnelt der BA Japanisch dem Studium im BA Japanische Kultur in vielen Punkten. In beiden Studiengängen spielt der Sprachunterricht eine zentrale Rolle. Aber auch Seminare zu Themen der japanischen Gesellschaft und Kultur müssen in beiden Studiengängen belegt werden. Für Lehramtsstudierende steht zusätzlich schon im Bachelor die Fachdidaktik mit auf dem Lehrplan. D. h. dass man nicht nur selbst Japanisch gründlich erlernen muss, sondern sich gleichzeitig auch damit befasst, welche Fähigkeiten und Techniken zum Unterrichten zur Verfügung stehen und wie man Japanisch erfolgreich lernen kann.

Da das Studium im Fach Japanisch normalerweise ohne Vorkenntnisse beginnt, lernt man parallel zum eigenen Lernen der japanischen Sprache auch etwas darüber, welche Möglichkeiten es gibt, z. B. Grammatikunterricht zu gestalten. So lernt man neue Strategien oder Lerntechniken kennen, die man dann auch für sein eigenes Lernen nutzen kann.

Nach der Einführung in die verschiedenen Kompetenzbereiche geht es aber auch darum, das Gelernte in echten Lehr-Lernsituationen auszuprobieren. Dazu erarbeitet die jeweilige Seminargruppe eine Unterrichtsstunde, die an einer Schule oder im Rahmen der KölnerKinderUni durchgeführt wird. Auf diese Weise wird nicht nur anhand einer vorgegebenen Zielsetzung für eine fiktive Zielgruppe ein Plan für eine Unterrichtsstunde entwickelt, sondern man kann ausprobieren, wie das Geplante bei „echten“ Schülerinnen und Schülern ankommt. Danach wird die Unterrichtsstunde auch in der Gruppe besprochen und reflektiert. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigen, dass solche Unterrichtseinheiten zwar mit sehr viel Arbeit verbunden sind, aber das wird durch den Spaß und das Erfolgserlebnis, selbst unterrichtet zu haben, allemal aufgewogen.

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Manga – Ein Blick hinter die Kulissen …

Dass sich Manga auf dem deutschen Buchmarkt einmal durchsetzen würden, hätte vor rund eineinhalb Jahrzehnten sicherlich niemand hier geglaubt. Zu groß war die Skepsis gegenüber dieser japanischen Form des Erzählens mit Text und Bild. Inzwischen konnte sich der deutsche Buchmarkt eines Besseren belehren lassen. Alle möglichen Autoren, Werke und Genres aus Japan werden mittlerweile übersetzt und erscheinen dann – wenn nicht gerade (illegal) als Scanlation (Scan + Translation = Scanlation) im Internet – als Taschenbuch bei den unterschiedlichsten Manga- und auch Comic-Verlagen. Der hiesige Manga-Markt ist vor allem ein Buchmarkt, geprägt von kostengünstigen Taschenbüchern mit SW-Abbildungen und Farbcover. Doch wie sieht das eigentlich in Japan aus?

Beispiel einer Manga-Zeitschrift (Foto: Sonja Hülsebus)

Japanische Fans kommen nicht durch das Format Taschenbuch (tankôbon/bunkobon) mit den neuesten Werken in Kontakt, sondern über das Format Zeitschrift (zasshi). Derzeit erscheinen in Japan mehr als 270 verschiedene Manga-Zeitschriften im Wochen-, Zweiwochen- oder Monatsrhythmus. Diese sind oft mehrere Hundert Seiten stark und vor allem eines: extrem billig! Rund 500 Seiten Lesespaß sind schon für umgerechnet 4 bis 4,50 Euro zu haben. Obwohl die Branche schon seit Jahren über einen massiven Rückgang klagt, betragen die Verkaufszahlen bekannter Magazine wie Shônen Jump (Shûeisha Verlag) rund 2,8 Millionen oder Shônen Magazine (Kôdansha Verlag) immerhin noch ca. 1,5 Millionen Exemplare.

Die Verlage können überhaupt nur so viele unterschiedliche Manga-Zeitschriften drucken, weil der Markt in Japan so extrem vielseitig ist. Die einzelnen Zeitschriften richten sich an ganz verschiedene Geschlechter-, Alters- und Berufsgruppen. D.h. als Manga-Fan „entwächst“ man nicht einfach irgendwann dem Medium Manga, weil es keine geeigneten bzw. ansprechenden Geschichten für einen/eine mehr gibt. In Deutschland ist das anders. Hier wird das Medium Manga oft von einer bestimmten Altersgruppe konsumiert, bis man/frau „einfach zu alt dafür ist“. Im Gegensatz dazu wird in Japan einfach die Zeitschrift – meist sogar noch bei ein und demselben Verlag – gewechselt. Diese Form der Leserbindung ist das A und O für den Erfolg des japanischen Manga-Marktes. Einmal Manga-Fan immer Manga-Fan.

Innerhalb einer Zeitschrift werden parallel unterschiedliche Geschichten serialisiert, also regelmäßig fortgesetzt. Das Feedback der Leserschaft ist dabei häufig entscheidend, wie lange eine Serie läuft, welche Figuren in der Geschichte drinbleiben oder rausfliegen, welche Richtung die Story nimmt etc. Die Interaktion zwischen Verlag und Leserschaft findet oft durch Umfragepostkarten, die in jeder Zeitschrift stecken, oder inzwischen auch durch soziale Netzwerke statt. Durch sie weiß der Verlag, was angesagt ist. Denn: mit den Zeitschriften machen die Verlage in der Regel keinen Gewinn. Sie dienen vielmehr der Verlustminimierung. D.h. anhand gut und lange laufender Serien in den Zeitschriften, wissen die Verlage erst, welche Storys sich später für eine anschließende Taschenbuchpublikation lohnen könnten. Hier wird der eigentliche Gewinn eingefahren, und zwar über Jahre hinweg.

Diese Form der Produktion hat in Japan immerhin schon in den 1950er Jahren mit der Gründung zahlreicher Monatsmagazine ihren Anfang genommen und in den 1960er Jahre mit der Gründung von Wochenmagazinen ganz neue Dimensionen erreicht. Sie ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass der Manga überhaupt erst seine Spezifika, die ihn heute so einzigartig machen, entwickeln konnte.

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