Studienprojekte mit Bezug zu den Lehramtsstudiengängen

Forschungs- und Kooperationsprojekte

Hier präsentieren sich Projekte, die sowohl wissenschaftlich fundiert sind als auch praxisnahe Bezüge aufweisen.


Praxissemester

Hier präsentieren sich Studienprojekte der Lehramtsstudiengänge – derzeit insbesondere aus dem Praxissemester (Master Bildungswissenschaften). Die Arbeiten weisen daher immer einen Bezug zum Praxisfeld Schule auf. Schwerpunkte liegen vor allem in den Bereichen:

  • (pädagogisch-psychologische) Diagnostik
  • Unterrichtsentwicklung (eigener und fremder Unterricht)
  • Qualitäts- und Schulentwicklungsprozesse.

Für weitere Informationen rund um das Praxissemester in der Ausbildungsregion Köln konsultieren Sie bitte: http://zfl.uni-koeln.de/studienprojekt-praxissemester.html.

Einen sehr guten Ein- und Überblick über Forschungsmethoden und deren konkrete Anwendung (Erhebung und Auswertung) bieten die Seiten der Universität Paderborn: https://blogs.uni-paderborn.de/fips/.

Elterngespräche (erfolgreich) führen. Beratungskompetenz entwickeln.

Eine qualitative Studie zur Entwicklung von Modulen zur Aus- und Fortbildung von Lehrkräften. Kooperationsprojekt Universität zu Köln & Netzwerk Handlungsforschung und Praxisberatung (Köln).

Relevanz.Theorie.Forschungsstand.

Elterngespräche und die damit verbundene Kommunikation sind ein integraler Bestandteil schulischen Alltags. Konkret benannt werden in diesem Zusammenhang z.B. „pädagogische Aufgaben“ (ADO NRW 2015) von Lehrkräften, die sich auf Kooperation, Beratung und Förderung von Schüler:innen und deren Eltern beziehen (ebd.). Doch nicht nur in der Praxis sondern ebenso in der Wissenschaft wird konstruktive Kommunikation und Kooperation zwischen Lehrer:innen und Eltern als bedeutsamer Faktor hervorgehoben: Dieser betrifft zum einen die erfolgreiche schulische Laufbahn der Schüler:innen (siehe ebd., KMK 2018) und zum anderen die gesundheitliche Resilienz der Lehrer:innen (Sacher 2013, Unterbrink et al. 2008). Daher ist es nicht überraschend, dass die Beratungskompetenz der Lehrkräfte von Expert:innen unter den Top Five der Professionskompetenzen aufgeführt wird (vgl. Baumert & Kunter 2006, 2011). Gleichzeitig weisen Studien im Zusammenhang mit Elterngesprächen auf extreme Unzufriedenheiten von Seiten der Lehrkräfte hin, welche mit hohen Belastungsfaktoren und unprofessionellem Verhalten einhergehen (Schaarschmidt 2011, Schaarschmidt & Fischer 2013, Behr & Franta 2003, Gartmeier 2022). Trotz durchaus erkannter Relevanz wird der Entwicklung und Vertiefung von Wissen und Fähigkeiten im Hinblick auf professionelle Beratungskompetenz im Rahmen von Aus- und Fortbildung von Lehrkräften kaum hinreichende Beachtung geschenkt (vgl. Aich 2015, Hilkenmeier & Buhl 2017, Bennewitz & Wegner 2017). Hier setzt unser Kooperationsprojekt an:

Fragestellung.Methoden.

In einem ersten Schritt werden „situational-authentische“ Gespräche zwischen Lehrer:innen und Eltern bzw. Schüler:innen digital aufgezeichnet und mittels qualitativ-rekonstruktiver Verfahren analysiert. Basis bilden u.a. die Grounded Theory (Strauss & Corbin 1996) inkl. linguistischem Fokus (Kruse 2015) sowie Sequenz- und Gesprächsanalyse (Lucius-Hoene & Deppermann 2002, Wegner 2016, Gartmeier 2018). Im Sinne direkter Rückbindung in die schulische Praxis werden individuelle Feedbackgespräche mit teilnehmenden Lehrkräften geführt, so dass weitere wertvolle Erkenntnisse für beide Seiten (i.S. der kommunikativen Validierung und des „seeing is believing“ (Pole 2005)) gewonnen werden können.

Leitende Fragestellungen betreffen

  • Spannungsfelder und Herausforderungen in denen sich Lehrer:innen im Rahmen dieser Gespräche bewegen und den Umgang mit denselben
  • das im- und explizite Vorhandensein institutionell-struktureller und individuell-persönlicher Zielsetzungen sowie deren (wechselseitiger) Bezug
  • (dys)funktionale Interaktions- und Gesprächsmuster sowie deren
  • (un)beabsichtigte Wirkungen auf Eltern und Schüler:innen
  • ggf. alternative Deutungs-, Gesprächs- und Interaktionsmuster.

Im zweiten Schritt werden im Zuge der Beantwortung o.g. Fragestellungen (evidenzbasierte) Gelingensbedingungen schulischer Elterngespräche identifiziert und mit Elementen aus der Klientenzentrierten (Rogers 2014) und Systemischen Beratung (Schlippe & Schweitzer 2009) sowie dem Motivational Interview (Miller & Rollnick 2015) kombiniert, um diese in Forschung und Praxis zu kommunizieren.

Schließlich werden in einem dritten Schritt wissenschaftliche fundierte und zugleich praxisnahe Aus- und Fortbildungsmodule für (angehende) Lehrkräfte entwickelt, welche im Rahmen von Kooperationen mit Schule und ZfsL bzw. Universität und ZfL sowie weiteren Fort- und Weiterbildungseinrichtungen zur Verfügung stehen. Das Angebot wird von interaktiven Vorträgen über ein- und mehrtägige Workshops bis hin zu individuellen Coachings und Supervisionen reichen.

Projektpartner.Kooperationen.
Netzwerk Handlungsforschung und Praxisberatung (Köln)
DenkArbeitRuhr (Essen)

Projektbericht.Projektstand.
Hajart, M., Paul, C. & Somm, I. (2023). Erfolgreiche Elterngespräche führen. Essen: DenkArbeitRuhr (Online-Ressource).

Projektleitung.Kontakt.
Dr. Christine Paul: christine.paul@uni-koeln.de
Dr. Irene Somm: irene.somm@netzwerk-handlungsforschung.de

Literatur.
ADO (2015). Allgemeine Dienstordnung für Lehrerinnen und Lehrer, Schulleiterinnen und Schulleiter an öffentlichen Schulen in NRW. Ministerium für Schule und Bildung NRW: Düsseldorf.

Aich, G., Kuboth, C., Gartmeier, M. & Sauer, D. (2017) (Hrsg.). Kommunikation und Kooperation mit Eltern. Weinheim: Beltz.

Baumert, J. & Kunter, M. (2006). Stichwort: Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft 9(4), S. 469–520.

Baumert, J. & Kunter, M. (2011). Das Kompetenzmodell von COACTIV. In Kunter, M. Baumert, J. Blum, W. Klusmann, U. Krauss, S. Neubrand, M. (Hrsg.). Professionelle Kompetenz von Lehrkräften – Ergebnisse des Forschungsprogramms COACTIV. Münster: Waxmann.

Behr, M. & Franta, B. (2003). Interaktionsmuster im Eltern-Lehrer-Gespräch in klientzentrierter und systemischer Sicht. Gesprächspsychotherapie und Personzentrierte Beratung, 34(1), S. 19-28.

Bennewitz, H. & Wegner, L. (2017). Die Analyse authentischer Elternsprechtagsgespräche – Ausgewählte Handlungsprobleme im Fokus. In Aich, G., Kuboth, C., Gartmeier, M. & Sauer, D. (2017) (Hrsg.). Kommunikation und Kooperation mit Eltern. Weinheim: Beltz.

Gartmeier, M. (2018). Gespräche zwischen Lehrpersonen und Eltern. Herausforderungen und Strategien der Förderung kommunikativer Kompetenz. Wiesbaden: Springer.

Gartmeier, M., Schick, K., Berberat, P.O. & Hertel, S. (2022). Befunde zur Förderung kommunikativer Kompetenz aus medizinischem Kontext: Welche Perspektiven ergeben sich daraus für die Ausbildung von Lehrpersonen im Hinblick auf das Führen von Elterngesprächen? Psychologie in Erziehung und Unterricht, 69, p. 122-137.

Hilkenmeier, J. & Buhl, H.M. (2017). Zur Bedeutung des Gesprächs am Elternsprechtag – Ein Blick in die Forschung. In Aich, G., Kuboth, C., Gartmeier, M. & Sauer, D. (2017) (Hrsg.). Kommunikation und Kooperation mit Eltern. Weinheim: Beltz.

Kruse, J. (2015). Qualitative Interviewforschung. Ein integrativer Ansatz. 2. Auflage Weinheim: Beltz.

KMK (2018). Bildung und Erziehung als gemeinsame Aufgabe von Eltern und Schule. Information der Länder über die Zusammenarbeit von Eltern und Schule. Beschluss vom 04.12.2003 i.d.F. vom 11.10.2018. Berlin: KMK.

Lucius-Hoene, G. & Deppermann, A. (2002). Rekonstruktion narrativer Identität. Opladen: Leske + Budrich. 

Miller, W.R. & Rollnick, S. (2015). Motivierende Gesprächsführung. Motivational Interviewing. Freiburg: Lambertus.

Pole, C. (Hrsg.) (2005). Seeing is believing? Approaches to Visual Research. Studies in Qualitative Methodology. Amsterdam: Elsevier Ltd.

Rogers, C. (2014). Die nicht-direktive Beratung. Counseling und Psychotherapie. Frankfurt am Main: Fischer.

Sacher, W. (2013). Erziehungspartnerschaft mit Eltern: Grundlagen erfolgreicher Elternarbeit. Vortrag vom 03.06.2013. Hamburg. Behörde für Schule und Berufsausbildung.

Schaarschmidt, U. & Fischer, A.W. (2013). Lehrergesundheit fördern – Schulen stärken: Ein Unterstützungsprogramm für Kollegium und Leitung. Weinheim: Beltz. 

Schaarschmidt, U. (2010). Gesundheitsförderung. Eine dringliche Aufgabe der Lehrerfortbildung. In F. Müller, A. Eichenberger, M. Lüders & J. Mayr (Hrsg.). Lehrerinnen und Lehrer lernen. Konzepte und Befunde zur Lehrerfortbildung. Münster: Waxmann-Verlag. 

Schlippe, A. v. & Schweitzer, J. (2017). Systemische Interventionen. Vandenhoeck & Ruprecht: Göttingen.

Somm, I. & Hajart, M. (2019). Rekonstruktive Grounded Theory mit f4analyse. Praxisbuch für Lehre und Forschung. Weinheim: Beltz.

Strauss, Anselm; Corbin, Juliet (1996). Grounded Theory. Grundlagen Qualitativer Sozialforschung. Weinheim: Beltz.

Unterbrink, T., Zimmermann, L., Pfeifer, R., Wirsching, M., Brähler, E. & Bauer, J. (2008). Parameters influencing health variables in a sample of 949 German teachers. International Archieves Occupational Environmental Health, 82 (1), p. 117-123.

Bezugsnormen und Funktionen von Schule im Zuge von Heterogenität und Inklusion

Lehrforschungsprojekt, Studiengänge Psychologie, Erziehungs- und Bildungswissenschaften (WiSe 2014 – SoSe 2015)

Thema und Relevanz:

Die Institution „Schule“ übernimmt in unserer Gesellschaft Funktionen der Förderung, Qualifikation und Selektion. Lehrer*innen verwenden daher bestimmte Maßstäbe, um Schüler*innen unterstützen und beurteilen zu können. Diese sind einerseits explizit, normativ geprägt als auch implizit, individuell und lassen sich in soziale (Vergleichsgruppe), individuelle (auf das Individuum bezogene) und kriteriale (Kompetenzorientierung) Bezugsnorm (BN) unterteilen. Die Anwendung dieser Maßstäbe geht mit verschiedenen Wirkungen bzw. Vor- und Nachteilen auf Seiten der Lehrkräfte und Schüler*innen (z.B. bzgl. Fähigkeitsselbstkonzept) einher (vgl. Rheinberg 2008, Sacher 2009). Nach Sacher sollten daher in bestimmten schulischen Phasen des Lehrens und Lernens (Unterricht, Prüfung, Beurteilung) nur bestimmte BN zum Tragen kommen, welche er in seinem „normenintegrierenden Modell“ verdeutlicht (ebd. 2009).

Forschungsfrage(n):

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen wird der Bereich der Leistungsmessung und -beurteilung im Schulalltag als bedeutsam erachtet. Die leitenden Forschungsfragen waren daher: Wie gehen Lehrer*innen im Schulalltag mit den unterschiedlichen BN vor dem Hintergrund der verschiedenen schulischen Funktionen bzw. Ziele (Förderung, Qualifikation, Selektion) im Zuge von Heterogenität und Inklusion um? Stellen die unterschiedlichen BN, gekoppelt an die verschiedenen Anforderungen aufgrund der Ziele Förderung, Qualifikation, Selektion eine paradoxe Herausforderung für Lehrkräfte dar?

Ich fördere das Kind im Schulalltag an der individuellen BN orientiert, bespreche Stärken, Schwächen und vereinbare Ziele und nächste Schritte, aber in Prüfung und Beurteilung zählt dann nur die kriteriale BN – nach dem Motto: „du hast dich jetzt war die ganze Zeit sehr engagiert angestrengt und dich auch super gesteigert, aber bist trotzdem durchgefallen und musst die Klasse wiederholen bzw. die Schule verlassen“.

Forschungsdesign:

Das Forschungsdesign orientierte sich an qualitativen, sequentiell-narrativen, dialogisch-diskursiven Leitfadeninterviews (Paul 2013), welche zum Teil durch die Methode des „Lauten Denkens“ (u.a. bei der Korrektur von Klassenarbeiten, beim Erstellen von Zeugnissen und Übergangsempfehlungen) kombiniert wurde.

Wichtigste Ergebnisse:

Lehrkräfte orientieren sich während der Phasen des Unterrichtens, Prüfens und Bewertens durchaus, wenn auch nicht durchweg, am „normenintegrierenden Modell“ (Sacher 2009). Es überwiegt jedoch eindeutig die kriteriale Bezugsnorm, welche ja, so begründen sie, durch Bildungsstandards und Kompetenzorientierung vorgegeben sei. Schon im Rahmen der Prüfung seien individuelle Bezüge nur im vorgegebenen, begrenzten Maße der Binnendifferenzierung (z.B. E und G-Kurse an Gesamtschulen, Mindest-, Standard- und Regelanforderungen) möglich. In der Beurteilung gelte i.d.R. die kriteriale BN, während i.d.R. vor allem in der Lernphase (Unterricht) die individuelle BN gerade auch im Hinblick auf optimale Förderung (orientiert an Stärken, Schwächen und nächsten Schritten) versucht wird, heranzuziehen. Aufgrund der Rahmenbedingungen (Klassengrößen, Zeitmangel) sei dies jedoch ebenso nur begrenzt zu realisieren.

Überraschend war für das Forscher*innenteam, dass Lehrkräfte durchaus kein Paradoxon in der unterschiedlichen Anwendung der BN sehen (s.o.). Auch im inklusiven Unterricht war dies nicht der Fall, welches insbesondere auf Differenzkonstruktionen zurückzuführen ist: Lehrer*innen unterscheiden zwischen Kindern mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf und noch deutlicher, ob diese zielgleich oder zieldifferent unterrichtet werden (sollen).

Generell wird bei Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf die (Haupt-)Zuständigkeit und somit auch die Funktionen von Schule sowie die Anwendung der BN im Bereich der Sonderpädagogen gesehen. Bei einer zielgleichen Förderung sehen sie sich jedoch verstärkt gefordert, um den Kindern den jeweils angedachten Schulabschluss bescheinigen zu können. Hierfür wird, wie auch bei den Klassenkamerad*innen ohne sonderpädagogischen Förderbedarf, verstärkt bzw. ausschließlich (Prüfung, Bewertung) auf die kriteriale BN zurückgegriffen. Bei einer zieldifferenten Förderung, fühlen sich Lehrer*innen quasi „befreit“ von der Last der Beurteilung und des Selegierens, da zum Einen der/die Sonderpädagogin (mit) zuständig ist und zum Anderen die individuelle BN (siehe Förderpläne) durchgängig Anwendung finden kann, was im Allgemeinen als sehr positiv bewertet wird.

Literatur:

Rheinberg, F. (2008). Bezugsnormen und die Beurteilung von Lernleistung. In: W. Schneider, & M. Hasselhorn (Hrsg.), Handbuch der Pädagogischen Psychologie. Göttingen: Hogrefe.

Sacher, W. (2009). Leistungen entwickeln, überprüfen und beurteilen. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.

Paul, C. (2013). In Gemeinschaft leben ­– eine Analyse von Ideal und Realität intergenerationeller Wohnprojekte unter der Perspektive von Lern- und Bildungsprozessen. Dissertationsschrift: Universität zu Köln.