Über das Scheitern der „Exzellenz“-Ini

„Wie ist es also zu dem Finanzloch gekommen? HU-Präsidentin Kunst sagte den Tagesspiegel, es handle sich gar nicht um „ein echtes Defizit“, sondern um eine „Vorsorge“. Dabei müsse die HU vor allem ihre in der Exzellenzinitiative geschaffenen Professuren in den eigenen Haushalt überführen.“ https://www.tagesspiegel.de/wissen/finanzloch-die-humboldt-uni-quaelt-sich/19844572.html

Es ist kein Zufall, das mit der Universität Köln ausgerechnet eine – zum damaligen Zeitpunkt – als „exzellent“ ausgezeichnete Uni ein massives Finanzdefizit produziert hat. Das gleiche Problem hat aktuell die HU Berlin, immer noch eine „Exzellenzuni“.

Zum einen fließt mit der „Exzellenz-“ Ini kein Cent zusätzlich in die Grundfinanzierung von Lehre und Forschung, auch nicht an den „prämierten“ Universitäten. Noch problematischer ist aber, dass die Finanzierung der neuen „Exzellenz-“ Cluster, die an den Unis aufgebaut werden (auch an Universitäten, die nicht als gesamte den „Exzellenz-“ status erhalten) durch die zusätzlichen Mittel der der Exzellenzinitiative nicht gedeckt ist. Die Universitäten müssen beim Aufbau von „Exzellenzclustern“ aus ihrem Grundetat investieren, häufig sind die Kosten für Gebäude und Infrastruktur nicht abgedeckt und sowieso ist keine langfristige Finanzierung nach einem potentiellen Auslaufen der Förderung gewährleistet.

Die logische Konsequenz: Prekarität und Konkurrenzdruck steigen in allen Bereichen der Universität -häufig auch in den neu geschaffenen „exzellenten“ Bereichen – samt der Entstehung von Haushaltsdefiziten.

Wissenschaft funktioniert nicht „ad hoc“ sondern erfordert eine nachhaltige Auseinandersetzung mit entsprechender Zeit und Muße und sie basiert auf Kooperation und Austausch. Beides wird durch die sogenannte Exzellenzinitiative geschädigt. Das Auswahlprinzip selbst ist selbstreferentiell und unwissenschaftlich: Exzellent ist, wer ausgewählt wird. Geschwächt wird so mit der „unternehmerischen Universität“ und insbesondere der sogenannten Exzellenzinitiative ein rationaler, demokratischer Entscheidungsprozess innerhalb der Wissenschaftseinrichtungen.  Denn Gelder werden nach externen finanziellen Anreizen anstatt von Erörterung in den Gremien der Wissenschaftseinrichtungen vergeben.

Es ist daher dringend an der Zeit, dass sich die Mitglieder der Hochschulen und die Institutionen als gesamte entschieden für eine Abkehr von wettbewerblicher Hochschulfinanzierung und für einen Ausbau der Grundfinanzierung und demokratischer Entscheidungsstrukturen einsetzen. Wissenschaft wäre als gemeinsames forschendes Lernen von Studierenden und Lehrenden, als Verstehen und Verändern der Welt mit dem Anspruch von Wahrheit und Humanität eine für alle erfreuliche Angelegenheit. Solche Hochschulen werden gebraucht!

„Warum nicht? Was haben Sie denn gegen das Lachen? Kann man denn auch nicht lachend sehr ernsthaft sein? Lieber Major, das Lachen hält uns vernünftiger als der Verdruß.“Gotthold Ephraim Lessing, „Minna von Barnhelm“, „Minna“ zum „Major von Tellheim“, Vierter Aufzug/Sechster Auftritt, 1767.

„Auf Nachfrage beziffert HU-Präsidentin Sabine Kunst die Deckungslücke zwischen Personalbedarf und Personalbudget am Mittwoch auf insgesamt zwölf Millionen Euro. Dieser Betrag werde aber durch die in der Strukturentwicklung an der HU „solidarisch verhandelte Personalkonsolidierung“ allmählich abgebaut. „Planerisch ist der Berg 2023 im Wesentlichen aufgelöst“, sagt Kunst. Was bei der Beschneidung der Personalkontingente zu Buche schlage, seien „temporäre Belastungen“ wie die Überhangstellen, die SAP-Einführung und Folgekosten der Exzellenzinitiative. Institute mit niedrigem Personalstand müssen „bluten“. https://www.tagesspiegel.de/wissen/haushaltsdefizit-an-der-humboldt-universitaet-stellensperre-in-adlershof/23752190.html