Arbeit

Ein Recht auf Teilhabe an der Gesellschaft schließt zwingend auch ein Recht auf Teilhabe am Arbeitsleben ein, da das gesellschaftliche Leben in weiten Teilen durch Arbeit bestimmt und konstituiert ist. Soziale Anerkennungsprozesse werden über Arbeit vermittelt – sie bestimmt den gesellschaftlichen Wert, Ansehen oder sozialen Status. In Arbeitsprozessen können Selbstwirksamkeits- und Kompetenzerfahrungen gemacht werden, das Einbezogen sein in arbeitsweltbezogene Angebote kann als sinnstiftend und erfüllend erlebt werden. Arbeit strukturiert den Tag, ermöglicht An- und Entspannung sowie Interaktion mit Mitmenschen1.

Menschen mit komplexen Behinderungen werden aus sozialrechtlicher Perspektive von Angeboten zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeschlossen, da ihnen zugeschrieben wird, kein „Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitskraft“ (§219 (2) SGBIX) erbringen zu können, für Tagesförderstätten das Vorhalten arbeitsweltbezogener Angebote nicht vorgeschrieben ist und in der Praxis Fachkräfte mit mangelnden Vorgaben und fehlenden Konzepten konfrontiert sind. In unserer Gesellschaft vorherrschende Vorstellungen von Arbeit als das Herstellen nützlicher Produkte oder das Erbringen messbarer Leistung geraten mit Blick auf den Personenkreis an ihre Grenzen2.

Verschiedene Leuchtturmbeispiele zeigen dennoch bereits, dass Arbeit oder arbeitsweltbezogenes Tätig sein auch für Menschen mit komplexen Behinderungen möglich ist – ob in der Tagesförderstätte, im Rahmen einer WfbM oder in kreativen Angeboten im Sozialraum! In unserem Forschungsprojekt möchten wir mehr über solche teilhabeorientierten Angebote an Arbeit erfahren und Gelingensbedingungen ausmachen.

1 Gröschke, D. (2011). Arbeit, Behinderung, Teilhabe. Anthropologische, ethische und gesellschaftliche Bezüge. Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt; Sansour, T. (2018). Zwischen Leistung und Sinnstiftung – arbeitsweltorientierte Angebote für Menschen mit schwerer und mehrfacher Behinderung. In: W. Lamers (Hrsg.), Teilhabe von Menschen mit schwerer und mehrfacher Behinderung an Alltag, Arbeit, Kultur (Impulse, Band 3) (S. 83–94). Oberhausen: ATHENA; Keeley, C. (2018). Berufliche Bildung als Zugang zur arbeitsbezogenen Lebenswelt. In: W. Lamers (Hrsg.), Teilhabe von Menschen mit schwerer und mehrfacher Behinderung an Alltag, Arbeit, Kultur (Impulse, Band 3) (S. 111–127). Oberhausen: ATHENA.

2 Becker, H. (2016). … inklusive Arbeit!: Das Recht auf Teilhabe an der Arbeitswelt auch für Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf. Weinheim: Beltz Verlagsgruppe; Lamers, W., Musenberg, O. & Sansour, T. (2021). Qualitätsoffensive – Teilhabe von erwachsenen Menschen mit schwerer Behinderung. Grundlagen für die Arbeit in Praxis, Aus- und Weiterbildung (Impulse, Band 4). Bielefeld: Athena/wbv; Terfloth, K. (2014). Teilhabe am Arbeitsleben von Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf. In. Bundesvereinigung Lebenshilfe (Hrsg.), WfbM Handbuch 22.