Ein Sound Studies-Blog

Urban Acoustics: Wie Sound unsere Städte definiert

von Marko Vincent Reiß

Ein kleiner Park zwischen Hochhäusern, abgeschirmt durch Wände, die fast vollständig unter dichter Begrünung verschwinden. Der Boden besteht aus Naturstein. Tische und Bänke laden zum Verweilen ein. Über allem erhebt sich ein künstlicher Wasserfall, dessen Rauschen den Verkehrslärm aussperrt. Das ist der Paley Park, mitten in Manhattan, New York City. Eine Oase der Ruhe in der Stadt, die niemals schläft.

Im Vergleich zur Großstadt ist es auf dem Land relativ still. Als ich in einem Seminar die Aufgabe bekam, eine Soundscape (also die charakteristischen Umgebungsgeräusche eines Ortes) aufzunehmen, konnte ich mir nicht vorstellen, dass es etwas aufzunehmen gibt. Besagte Aufnahme entstand in der Grünanlage eines Wohngebietes außerhalb einer Kleinstadt, umgeben von einem knapp zehn Meter hohen Lärmschutzwall samt Begrünung. Erste Erkenntnis beim Abhören: Mir war nicht bewusst, dass es hier so viele Vögel gibt. Zweite Erkenntnis: Die Autos sind ja doch ganz schön laut.

Mit der hörbaren Verfasstheit von Umwelt beschäftigt sich die Forschungsrichtung der Acoustic Ecology. Wie ist unsere akustische Umgebung beschaffen? Wie verändert sie sich? Wie können wir sie verändern und dabei positiv beeinflussen? Geräusche und Klänge spielen eine nicht zu unterschätzende Rolle in der menschlichen Entwicklung und im Alltag. Der Klang um uns herum ist ein wichtiger Indikator für die Beschaffenheit von Umgebungen: Welche (anderen) Lebewesen gibt es? Wo befinden sich bestimmte Objekte? Aus welchen Materialien bestehen sie? Wenn ich durch Köln laufe, dann kann ich oft nicht einmal meine eigenen Schritte auf dem Beton hören. Das ständige Brummen von Motoren schließt jeden Menschen in eine eigene kleine Blase ein. Anhaltender Lärm schädigt unser Gehör, senkt unsere Lernfähigkeit, und verursacht Stress, der zu unzähligen Folgeerkrankungen führen kann.

Orte wie der Paley Park veranschaulichen einige wichtige Prinzipien, die Stadtplaner*innen berücksichtigen sollten. Der Park ist durch die umliegenden Gebäude vergleichsweise gut isoliert, was die Stadtgeräusche – ganz ohne zusätzliche Lärmschutzwände – mindert. Zusätzlich sind die Häuserwände, die ihn umgeben, begrünt. Gerade den Pflanzen kommt in der Stadtplanung eine wichtige Rolle zu: Sie wirken nicht nur lärmmindernd (bis zu 40 dB), indem sie Vibrationen aufnehmen, sondern bieten auch Lebensraum für Insekten und weitere Kleintiere und haben zudem einen kühlenden Effekt. Die Beschaffenheit von Oberflächen ist ebenfalls von Bedeutung. Weiche Materialien absorbieren mehr Schall und reduzieren damit die harten Echos, die man aus Häuserschluchten kennt. Außerdem sind sie durchlässiger als beispielsweise Beton und verhindern Überflutungen bei starkem Regen. Zu guter Letzt vermag der Wasserfall alle verbliebenen Störgeräusche zu übertönen. Leiser wird es dadurch nicht, aber die meisten Menschen würden zustimmen, dass rauschendes Wasser beruhigender wirkt als Motorenlärm.

Mit der fortschreitenden Urbanisierung wird es immer wichtiger, Städte auch in akustischer Hinsicht nachhaltig zu planen. Die hier vorgestellten Prinzipien markieren nur einen Ausschnitt aus den Ansätzen, die die Forschung seit einigen Jahren aufzeigt.

Verwendete Quellen:
The Acoustic City, hrsg. von M. Gandy und BJ Nilsen, Berlin 2014.
– Reeman Mohammed Rehan, The phonic identity of the city urban soundscape for sustainable spaces, HBRC Journal 12/3 (2016), S. 337-349.


Beitrag veröffentlicht

in

von