von Prof. Dr. Joachim Hennrichs* und Sebastian Harnischmacher**
Das Institut für Nachhaltigkeit, Unternehmensrecht und Reporting (kurz: INUR) wurde im Oktober 2022 offiziell an der Universität zu Köln gegründet und befasst sich schwerpunktmäßig mit unternehmensrechtlichen Fragen rund um das Thema Nachhaltigkeit. Dabei soll der Diskurs durch inter- und intradisziplinäre Forschung vorangetrieben und „Silo-Denken“ verhindert werden. Nach einem erfolgreichen ersten Jahr mit zahlreichen schönen Veranstaltungen und anregenden Diskussionen soll dies nun auch hier im Blog-Format ermöglicht werden:
Was ist das INUR und dessen konkretes Vorhaben?
Die Welt entwickelt sich zunehmend arbeitsteilig und differenziert nach Spezialgebieten, auch in der Juristerei. Durch die zunehmende Ausprägung von Spezialisierungen können gedankliche „Silos“ entstehen. Dies ist für gebietsübergreifende Themen wie Nachhaltigkeit problematisch. Hier stellen sich Rechtsfragen vom allgemeinen Zivilrecht über die Lieferkettenregulierung, das Gesellschaftsrecht bis hin zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, die oft Berührungspunkte und Querverbindungen aufweisen. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung beispielsweise, die derzeit mit der EU Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) zu einer zweiten großen Säule der Unternehmensberichterstattung ausgebaut wird, betrifft die Corporate Governance in den Unternehmen. Gleiches gilt für die nationale und europäische Lieferkettenregulierung.
Hier setzt das INUR an und versucht die verschiedenen Teildisziplinen des Unternehmensrechts mit Bezug zu Nachhaltigkeit zu verknüpfen, die Kernkompetenzen unserer Fakultät im Wirtschaftsrecht zu bündeln und zusammenzubringen. Dabei soll es nicht bei der rein juristischen Betrachtung bleiben. Durch die breite inter- und intradisziplinäre Vernetzung des Instituts können Nachhaltigkeitsfragen auf weiteren Ebenen, insbesondere etwa mit Wirtschaftswissenschaftlern, diskutiert und vertieft werden.
Forschungsbereiche des INUR
Im Lichte der inter- und intradisziplinären Ausrichtung des Instituts sind auch die Forschungsbereiche breit gefächert. Von Fragen des allgemeinen Zivilrechts über solche des Gesellschafts- und Bilanzrechts bis hin zu Nachhaltigkeitsaspekten im Steuerrecht wird geforscht. Dies zeigt sich auch in den diversen Veranstaltungen, die bereits im ersten Jahr seit der Gründung stattgefunden haben. Auch im zweiten Jahr enthält das Jahresprogramm 2024 eine Vielzahl spannender Fachveranstaltungen, die die gesamte Breite der Forschungstätigkeit widerspiegeln.
Auch wenn das Unternehmensrecht insoweit im Mittelpunkt steht, schlagen wir die Brücken zu den Nachbargebieten. Beispielsweise stellen sich nachhaltigkeitsbezogene Fragen natürlich auch im öffentlichen Recht und Strafrecht, die wegen der Legalitätspflicht einen erheblichen Einfluss auf wirtschaftliche Prozesse und Unternehmen in der Praxis haben.
Relevanz der Verknüpfung von Wissenschaft und Praxis
Universitäre Forschung auf den Gebieten der Rechtswissenschaft muss stets der Praxis verbunden sein. Alle Theorie beweist sich am Fall. Deshalb sucht das INUR den intensiven Austausch mit der Praxis. Gemeinsam wollen wir die vielfältigen Regulierungsansätze kritisch beleuchten und alternative oder ergänzende Vorschläge erarbeiten.
Nochmals das Beispiel der Nachhaltigkeitsberichterstattung: Die europäischen Regulierungen stellen alle Beteiligten vor enorme Herausforderungen. Die zu erfüllenden Vorgaben sind komplex. Nach den neuen Regeln werden beinahe 1.100 neue Datenpunkte berichtsrelevant, zu denen neue Prozesse und Berichtslinien aufzubauen sind. Und weitere Regulierungen auf EU- und nationaler Ebene sind angekündigt. Der Prozess der Fortentwicklung der europäischen und nationalen Regulierung verlangt eine kritische rechtswissenschaftliche Begleitung. Beispielsweise liegt nun der Entwurf für das deutsche CSRD-Umsetzungsgesetz vor, der zahlreiche neue Fragen aufwirft, zu denen sich das INUR einbringen wird. Entsprechendes gilt für die fortschreitenden Lieferkettenregulierung.
Rolle des INUR an der Universität
Selbstverständlich richtet sich das INUR auch an Studierende, deren Interesse an Nachhaltigkeitsfragen im Alltag sowie im rechtlichen Kontext allgemein sehr hoch ist. Als Universitätsinstitut ist das INUR drei Säulen verpflichtet: Forschung, Third Mission (etwa Vernetzung mit der Praxis und Politikberatung) und schließlich der Lehre, die einen weiteren wichtigen Aspekt der INUR-Aktivitäten darstellt.
Jüngst wurde dafür unter Beteiligung des INUR an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln ein neuer Schwerpunktbereich „Nachhaltigkeit“ geschaffen, den man ab dem kommenden Sommersemester 2024 offiziell wählen kann und über den an anderer Stelle noch ausführlicher berichtet werden wird. Dabei werden nicht allein unternehmensrechtliche Fragen behandelt, sondern ebenfalls Nachhaltigkeitsaspekte des öffentlichen Rechts und des Strafrechts. Damit ist die Universität zu Köln deutschlandweit die erste Universität, die einen derart breiten und rechtsgebietsübergreifenden Schwerpunkt anbietet.
Wie soll der INUR-blog dabei helfen?
Zur intra- und interdisziplinären Diskussion und Vernetzung beitragen will das INUR auch mit diesem nun startenden INUR-blog! Das Blog-Format bietet flexibel die Möglichkeit, kritisch und meinungsstark zu diskutieren. Insbesondere der „Open Access“-Aspekt ist uns dabei wichtig, um möglichst viele Interessierten zu erreichen.
Angedacht sind wöchentliche Beiträge zu aktuellen Rechtsfragen rund um Nachhaltigkeit, insbesondere zu neuen Regulierungsansätzen, zu in der Praxis entwickelten „best practices“, aber auch zu Aktivitäten des INUR u.a.m.
Wir hoffen, dass der Blog hier und da neue Impulse setzen kann!
Mehr demnächst!
In den nächsten Wochen können sich die Leserinnen und Leser auf viele spannende Beiträge freuen, wobei sämtliche oben dargelegte Besonderheiten aufgezeigt werden sollen: Es warten nicht nur Beiträge aus der Praxis und ein Bericht über den neuen Schwerpunktbereich, sondern auch spannende Fragen aus dem öffentlichen Recht und Zivilrecht auf Sie. Bleiben Sie gespannt!
*Der Autor ist geschäftsführender Co-Direktor des Instituts für Nachhaltigkeit, Unternehmensrecht und Reporting (INUR) sowie Direktor des Instituts für Gesellschaftsrecht und Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Bilanz- und Steuerrecht an der Universität zu Köln. (Link)
**Der Autor ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Bilanz- und Steuerrecht sowie am Institut für Nachhaltigkeit, Unternehmensrecht und Reporting (INUR) der Universität zu Köln. (Link)
Zitiervorschlag: Hennrichs/Harnischmacher, Forschen für mehr Nachhaltigkeit … jetzt auch im Blog-Format!, INUR-blog v. 27.03.2024 (abrufbar unter: https://blog.uni-koeln.de/inur-blog/forschen-fuer-mehr-Nachhaltigkeit/; zuletzt abgerufen am: ).