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Die Essay-Competition geht zu Ende – Abstracts der Gewinnerbeiträge!

Die erste INUR-Essay Competition ist vor einigen Wochen zu Ende gegangen. In Kooperation mit der European Law Student Association (ELSA) sowie den Otto Schmidt Fachmedien konnten wir einen spannenden Wettbewerb auf die Beine stellen, bei dem die jungen Nachwuchswissenschaftler Beiträge zu Themenbereichen aus Recht und Nachhaltigkeit schreiben und einreichen konnten. Die hochkarätig besetzte Jury aus dem INUR-Direktorat sowie dem INUR e.V. Vorstand hat letztlich drei gelungene Beiträge ausgewählt, die bereits im Juli in voller Länge in der KlimaRZ erschienen sind.

Die Gewinnerbeiträge sind:

  • Platz 1: (geteilt)
    • Beschleunigung grüner Infrastrukturvorhaben durch Legalplanung (Laurenz Döring; KlimaRZ 2024, 111-116)
    • Unternehmensrecht im Wandel: Sinnvolle Wege zu mehr Nachhaltigkeit (Sebastian Harnischmacher; KlimaRZ 2024, 101-106)
  • Platz 3: Internationale Klimahaftungsklagen natürlicher Personen gegen Privatunternehmen – Reformbedarf des Art. 7 Rom II-VO (Anna Voß; KlimaRZ 2024, 106-111)

Im heutigen Blog-Beitrag wollen wir nochmals auf die Beiträge in der KlimaRZ hinweisen und die beiden erstplatzierten Gewinnerbeiträge als kurze Abstracts vorstellen und Interesse wecken. Auf sämtliche Beiträge in voller Länger gelangen Sie über Ihre jeweiligen Zugänge.

I. Beschleunigung grüner Infrastrukturvorhaben durch Legalplanung (KlimaRZ 2024, 111-116)

von Laurenz Döring*

Der Beitrag erörtert vor dem Hintergrund umfassender ökologischer Umwälzungen anhand der Legalplanung den zentralen Zielkonflikt zwischen der effektiven Beschleunigung grüner Infrastrukturvorhaben und einem suffizienten Rechtsschutz.

Neben einem historischen Überblick über die sogenannte Beschleunigungsgesetzgebung wird unter Berücksichtigung konfligierender Rechtsgüter der globale Klimaschutz als ein verfassungsmäßig vermittelter Auftrag dargestellt. Ferner wird auch ein primärrechtlicher Beschleunigungsauftrag für die Realisierung klimafreundlicher Planungsvorhaben erörtert und als notwendiger Akt intertemporaler Freiheitssicherung bejaht.

Der Beitrag diskutiert dann am Beispiel des Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz (MgvG) die rechtliche Zulässigkeit und Zweckmäßigkeit einer Einzelfallplanung durch Gesetz. Maßnahmengesetze stellen Akte einer Legalplanung mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung dar. Es handelt sich mithin um Inhalts- und Schrankenbestimmungen, die bindend die Zulässigkeit nachgeordneter Verwaltungsentscheidungen bestimmen. Der Erlass eines Maßnahmengesetzes bedeutet hierbei eine Umgehung des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes und beschränkt den zulässigen Rechtsschutz im Wesentlichen auf die Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht. Die wirksame gerichtliche Kontrolle staatlicher Rechtseingriffe in subjektive Rechtsgüter ist jedoch immanenter Ausfluss des Rechtsstaatlichkeitsgebots und der Eigentumsgarantie. Unter Berücksichtigung der Entscheidungen Stendal, Boxberg und Garzweiler vermag weder die Verfassungsbeschwerde noch ein fachgerichtlicher Inzidentrechtsschutz die mit der gesetzlichen Planungsentscheidung einhergehende Rechtsschutzlücke hinreichend zu schließen. Mit Blick auf Vorfestlegungen und deren tatsächlichen Vollzug ist eine ergebnisoffene Überprüfung aller Enteignungsvoraussetzungen realistischerweise nicht zu erwarten. Abhilfe könnte insoweit die Implementierung einer fachgerichtlichen Zwischenkontrolle der Legalplanung schaffen. Eine Verletzung des Gewaltenteilungsgrundsatzes durch Leerlauf der administrativen Funktion und fachlichen Kapazität der Verwaltung drohte im Falle des MgvG hingegen nicht.

Der Beitrag schließt mit einer Prüfung der Vereinbarkeit des MgvG mit dem betroffenen Unions- und Völkerrecht. Mit Blick auf das Vorlageverfahren Solvay und die Neufassung der UVP-RL, das Vorlageverfahren Broxus und die Crossrail-Act-Entscheidung des Aarhus Convention Compliance Committee ist diese abzulehnen. So umfasst der an einer subjektiven Rechtsverletzung ausgerichtete Inzidentrechtsschutz insbesondere keine effektive Prüfung der privilegierten Allgemeininteressen.

Am Beispiel des MgvG offenbart sich erneut der Kernkonflikt zwischen notwendiger Verfahrensbeschleunigung und effektivem Rechtsschutz. Das 2023 durch den Gesetzgeber gekippte MgvG dient als mahnendes Beispiel dafür, konfligierende Allgemeininteressen nicht einseitig zulasten des Individuums abzuwiegen. In einer Gesamtschau erscheint die Zielsetzung einer zügigeren Realisierung grüner Infrastrukturvorhaben relevanter denn je zuvor. Eine tragfähige Gesetzgebung muss diesen Zielkonflikt nachhaltig in Ausgleich bringen.


II. Unternehmensrecht im Wandel: Sinnvolle Wege zu mehr Nachhaltigkeit (KlimaRZ 2024, 101-106)

von Sebastian Harnischmacher**

Der Beitrag untersucht die Implementierung naturwissenschaftlich beleg- und berechenbarer Belastbarkeitsgrenzen im Unternehmensrecht mit kritischem Blick auf aktuelle Definitionsprobleme hinsichtlich des „Nachhaltigkeitsbegriffs“. Umfassender wird dabei auf potenzielle Orte der Implementierung im Aktienrecht sowie der Nachhaltigkeitsberichterstattung eingegangen.

Der häufig in moderner Regulatorik verwendete „Nachhaltigkeitsbegriff“ weist vielerlei Definitionsprobleme auf, da eine klare Definition oder inhaltliche Präzisierung – wenn auch für die Rechtswissenschaften höchst relevant – in aller Regel nicht vorliegt. Wenngleich sich heute der weite dreidimensionale Nachhaltigkeitsbegriff faktisch durchgesetzt hat, der die drei Säulen (Ökologie, Ökonomie und Soziales) grundsätzlich gleichwertig miteinander verknüpfen will, betont der Verfasser die dennoch bestehenden und häufig kritisierten Unklarheiten und Probleme in Um- und Durchsetzung. Absolute, naturwissenschaftlich berechenbare, Grenzen böten dahingehend hingegen eine vermeintliche Bestimmtheit an, die zur Verdichtung etwaiger Auslegungsschwierigkeiten geeignet sein könnte.

Zwischen theoretischer und konkreter Umsetzung bestehen gleichwohl Unterschiede, insbesondere der Ort der Umsetzung eines solchen Konzepts bleibt nach Ansicht des Verfassers fraglich. Bereits in der Literatur diskutiert und im Beitrag aufgegriffen wird die Umsetzung im Unternehmensrecht. Dabei wird ein Vorschlag aus der Literatur vorgestellt, die Belastbarkeitsgrenzen im Rahmen des Unternehmensinteresses zu verankern. So ließe sich nach diesen Stimmen etwa eine Konkretisierung einfügen, nach der Geschäftsleiter die Pflicht haben, „auf eine nachhaltige Wertschöpfung in Einklang mit den Grenzen natürlicher Tragfähigkeit und auf der Grundlage eines sozialen Fundaments“ hinzuarbeiten.

Der Verfasser sieht diesen Vorschlag derweil als nicht zielführend an. Zunächst sind die vielversprechenden absoluten Grenzen im Einzelfall weniger operabel als sie auf den ersten Blick scheinen. Zudem gebe es ohne weitere Änderungen Probleme im Rahmen der Justiziabilität, da bereits fraglich sei, wer überhaupt gerichtlich gegen ein Fehlverhalten vorgehen sollte. Zudem bedürfe es keiner derartigen Änderung, da vergleichbare Ergebnisse auch über das Außenrecht i.V.m. der Legalitätspflicht des Vorstands erreichbar wären. Stattdessen verweist der Verfasser auf die Nachhaltigkeitsberichterstattung, die bereits zeigt, wie Belastbarkeitsgrenzen umgesetzt werden können. Dabei werden die ESRS vorgestellt, die in ESRS E 1 mit der CO2-Begrenzung zur Einhaltung des Temperaturreduktionsziels eine klassische Belastbarkeitsgrenze enthalten. Wenngleich die wirkungsvolle Eignung der Nachhaltigkeitsberichterstattung und des Nudging-Ansatzes im Allgemeinen empirisch noch nicht vollumfänglich bewiesen ist, könnte eine dahingehende Orientierung in Verbindung mit einer wirkungsvollen Ausformung des Außenrechts die verfolgten Ziele erreichen.


*Laurenz Döring ist ab September wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Freiherr-vom-Stein-Institut (Prof. Dr. Hinnerk Wißmann) der Universität Münster. Der Beitrag fußt auf einer durch den Autor am Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht der Ludwig-Maximilians-Universität München abgelegten studienbegleitenden Prüfung.

**Der Autor ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Bilanz- und Steuerrecht sowie am Institut für Nachhaltigkeit, Unternehmensrecht und Reporting (INUR) der Universität zu Köln.