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  1. Lotta Auguste Anders zu Kommentare

    Eindrücke zu Lesung von Ilija Matuskos Verdunstung in der Randzone Am 11. Dezember 2024 fand die Lesung zu Ilija Matuskos…

  2. Lotta Auguste Anders zu Kommentare

    Die Lesung von Lydia Lewitsch zu ihrem Debütroman Der Fall Miriam Behrmann bot einen faszinierenden Einblick in eine komplexe Geschichte…

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2 Antworten zu „Kommentare“

  1. Avatar von Lotta Auguste Anders
    Lotta Auguste Anders

    Die Lesung von Lydia Lewitsch zu ihrem Debütroman Der Fall Miriam Behrmann bot einen faszinierenden Einblick in eine komplexe Geschichte über Macht, Moral und Identität. Mit Tiefgang und sprachlicher Präzision führte Lewitsch das Publikum in das Leben ihrer Protagonistin, Miriam Behrmann, und den Konflikt mit ihrer Doktorandin Selina Aksoy ein.
    Im ersten Abschnitt der Lesung schilderte Lewitsch Miriams Trauer um ihre verstorbene Mutter. Die Darstellung dieser Erschöpfung und des emotionalen Schmerzes war intensiv und machte die Figur für das Publikum greifbar. Die Anwesenheit von Miriams Ehemann Tom zeigte gleichzeitig die Unterstützung und Geborgenheit, die sie in ihrem Leben verankert.
    Im zweiten Abschnitt offenbarte sich der Kern des Konflikts zwischen Miriam und Selina. Selina bringt nur vage Ideen zum Thema Gerechtigkeit in die Diskussion, was Miriam enttäuscht und zu einer kritischen Auseinandersetzung führt. Miriam repräsentiert eine ältere Generation mit hohen akademischen Ansprüchen, während Selina als selbstbewusste, pragmatischere Vertreterin der jüngeren Generation auftritt. Lewitsch zeichnete hier eindrucksvoll die Spannung zwischen unterschiedlichen Wertesystemen und Selbstverständnissen.
    In der dritten Passage hielt Selina eine Rede, in der sie ihre persönliche Motivation für ihr Engagement für Gerechtigkeit erklärte. Diese „Kraftgeschichte“ betont ihre Authentizität und verleiht ihrer Rolle eine persönliche Tiefe, die das Publikum beeindruckte. Die Verbindung zwischen persönlicher Geschichte und gesellschaftlichem Einsatz regte zu Reflexionen über individuelle Werte und Motivationen an.
    Im Nachgespräch erläuterte Lewitsch, dass ein Zeitungsartikel über Machtmissbrauch an einer Universität der Auslöser für den Roman war. Ursprünglich hatte sie die Entlassung der beschuldigten Person als notwendige Konsequenz gesehen, später hinterfragte sie jedoch die vereinfachte Sichtweise und behandelte im Roman die Themen Wahrheit und Gerechtigkeit. Miriam und Selina, erklärte Lewitsch, tragen Elemente ihrer eigenen Erfahrungen und machen das Buch zu einer tiefgründigen Auseinandersetzung mit den oft unsichtbaren Machtstrukturen im Universitätsalltag.
    Lydia Lewitschs Lesung war mehr als eine Buchvorstellung; sie bot eine tiefgehende Reflexion über Macht, Moral und Identität im universitären Umfeld. Der Fall Miriam Behrmann regt zur kritischen Auseinandersetzung mit kulturellen und moralischen Konflikten an und zeigt, wie sich persönliche Erfahrungen in beruflichen und sozialen Kontexten widerspiegeln. Lewitsch gelingt es, große Fragen auf individuelle Schicksale zu übertragen und so wichtige Diskussionen anzustoßen.

  2. Avatar von Lotta Auguste Anders
    Lotta Auguste Anders

    Eindrücke zu Lesung von Ilija Matuskos Verdunstung in der Randzone
    Am 11. Dezember 2024 fand die Lesung zu Ilija Matuskos Debütroman Verdunstung in der Randzone statt. Die Veranstaltung hinterließ einen tiefen Eindruck und regte zum Nachdenken über soziale Herkunft, Identität und die Ambivalenzen von Bildungsaufstieg an.
    Matuskos Roman ist eine gelungene Verknüpfung von persönlichen Erinnerungen und soziologischen Beobachtungen. Der Begriff „Autosoziobiografie“ beschreibt treffend die Gattung dieses Werks. Der Autor erweitert den klassischen autobiografischen Pakt, indem er persönliche Erlebnisse mit gesellschaftstheoretischen Überlegungen verknüpft. Besonders spannend ist Matuskos Bezug zu Pierre Bourdieus Theorie über Klassenhabitus und Kapital. Der Satz „Aufsteigern sieht man das Klettern an“ durchzieht den Text wie ein Leitmotiv und regt dazu an, die Übergänge zwischen sozialen Räumen genauer zu betrachten. Matusko las aus dem ersten Kapitel vor. Besonders eindrucksvoll war die Passage, in der Matusko über seinen Vater spricht, der stets nach Pommes roch, und die Prägung, die dieser Geruch für ihn hatte. Der Satz eines Mitschülers: „Es riecht nach Pommes, Ilija kommt!“, wird dabei zum Ausgangspunkt einer intensiven Selbstbefragung. Die Episoden, die Matusko während der Lesung vortrug, waren voller subtiler Beobachtungen und zeigten, wie tief Scham und Unsicherheit in die Erfahrungen eines Bildungsaufsteigers eingeschrieben sind. Der Sprung von einem Arbeitsmilieu in akademische Kreise wird als schmerzhafter Prozess beschrieben, der nicht nur Gewinne, sondern auch Verluste mit sich bringt.
    Das anschließende Gespräch mit dem Autor offenbarte weitere spannende Einblicke. Matusko berichtete von seinem holprigen Weg zur Literatur, der über Umwege und Zufälle verlief. Seine Erfahrungen als First-Generation-Student prägten seinen Blick auf das akademische Umfeld und machten die Startschwierigkeiten deutlich, die Menschen ohne Vorwissen über Hochschulen oft haben. Ein zentrales Thema war die Reflexion über den Begriff „Aufstieg“, den Matusko kritisch hinterfragte. Für ihn ist der Wechsel in einen anderen sozialen Raum kein linearer Prozess nach oben, sondern ein horizontaler – oft begleitet von Verlusten und Ambivalenzen. Er betonte, dass die Abwertung der Herkunftswelt vermieden werden sollte und dass die Anpassungsfähigkeit, die Bildungsaufsteiger:innen entwickeln, auch als Kompetenz gesehen werden kann. Dennoch bleibt das Gefühl der Entfremdung präsent, wie Matusko es anschaulich beschreibt: „Man bleibt ein Grenzgänger zwischen den Welten.“ Matusko beschreibt einen gespaltenen Habitus, der Anpassungsfähigkeit erfordert, aber auch immer wieder Paradoxien offenbart. Das Buch zeigt, wie strukturelle Klassengewalt oft unsichtbar bleibt, aber dennoch die Lebenswege vieler Menschen prägt.
    Ilija Matusko hinterließ bei seiner Lesung nicht nur einen bleibenden Eindruck durch seine sympathische und reflektierte Art, sondern auch durch die Relevanz der Themen, die er ansprach. Seine Methode, Alltagsbeobachtungen mit literarischer Reflexion zu verknüpfen, macht das Buch zu einem wichtigen Beitrag im Diskurs über soziale Herkunft, Identität und den Wandel zwischen sozialen Räumen.

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