Hintergrund
In der COVID-19 Pandemie verstärken sich die bereits bestehenden Vulnerabilitäten von Menschen mit komplexen Behinderungen, die in dieser Krise häufig als besonders gefährdeter Teil der Bevölkerung identifiziert werden. Da sie sich in der Regel weder verbal- noch schriftsprachlich informieren oder verständigen (können), bleiben ihre Fragen, Bedürfnisse und Forderungen oft ungehört. Dementsprechend sind sie mehr als andere vulnerable Gruppen auf eine einfühlsame Unterstützung und ein starkes Eintreten für ihre Interessen angewiesen. Gleichzeitig erschweren die unbeständigen Informationslagen und Verhaltensgebote den professionellen und informellen Unterstützer*innen, dieser Verantwortung gerecht zu werden. Das Krisengeschehen verständlich zu machen und in der Krise für Verständnis und Verständigung zu sorgen, erweist sich aktuell als wesentliche Herausforderung.
Hier setzt das im April 2021 gestartete Forschungsprojekt ComCri an, das vom Lehrstuhl für Pädagogik und Rehabilitation bei Menschen mit geistiger und schwerer Behinderung der Universität zu Köln initiiert und durchgeführt wird. Das Projekt wird über einen Zeitraum von 18 Monaten von der VolkswagenStiftung gefördert und verfolgt folgende übergeordnete Ziele:
Forschungsmethodisches Vorgehen
Um die Projektziele zu erreichen, liegt dem Forschungsprojekt ComCri ein trianguläres und transdisziplinär ausgerichtetes Forschungsdesign zugrunde. Dazu werden zunächst die theoretischen Vorannahmen über die Schwerpunkte des Projektes (Gesundheitskompetenz, Vulnerabilitäten und kommunikative Bedarfe und Bedürfnisse von Menschen mit komplexen Behinderungen) identifiziert und analysiert, um diese in einem zweiten Schritt empirisch zu explorieren.
Um die theoretischen Vorannahmen und lebensweltlichen Erfahrungen zu den inhaltlichen Schwerpunkten möglichst multiperspektivisch zu erheben, kommt eine mehrstufige schriftliche Expert*innen-Befragung (Delphi-Studie) zum Einsatz, die sich über die gesamte Erhebungs- und Auswertungsphase erstreckt. Auf diese Weise wird die wissenschaftliche Begleitung und Validierung des Projektes auch durch externe Expert*innen gewährleistet. In einer Fragebogen-Erhebung werden Fachkräfte aus den verschiedenen Handlungsfeldern der Unterstützungspraxis von Menschen mit komplexen Behinderungen zu konkreten Erfahrungen und Handlungsbedarfen befragt. Schließlich wird in einer Feldstudie der (Wohn- und Arbeits-)Alltag von Menschen mit komplexen Behinderungen während der Corona-Pandemie exemplarisch in den Blick genommen, um auf diese Weise Beispiele einer gelingenden Unterstützungs- und Kommunikationspraxis identifizieren zu können.